"Blaue Wunder": Viel Ildikó - wenig blaue Wunder

Ildikó von Kürthy ist ein ganz sicherer Tipp. Wenn die Dame an der Börse gehandelt werden würde, würden die Analysten sie mit "Strong Buy" empfehlen. Ihre Bücher verkaufen sich millionenfach, das wird sich auch bei ihrem neuen Werk "Blaue Wunder" nicht ändern.

Foto: Rowohlt
Elli ist also die nächste Auserwählte. Ihr wird das Glück zuteil, Hauptfigur im neuen Roman von Ildikó von Kürthy zu sein. Doch weiß sie diese Ehre wenig zu schätzen, denn die Dame Anfang 30 hat großen Liebeskummer. Ausgelöst wurde dieser durch Martin, den Elli auf der Autobahn nach Hamburg durch einen Wink des Schicksals kennen lernte. Die Beiden verleben wunderbare zwei Wochen, doch dann taucht die vermeintliche Ex in Martins Wohnung auf, der Prinz kehrt reumütig zu ihr zurück, und Ellis Glück zerplatzt.

Es folgen Fressorgien, Beschattungen, Weinkrämpfe und ein Stripkurs mit dem schwulen, halbtürkischen Mitbewohner. Natürlich gibt es ein Happy-End. Das kennt man von der guten Ildikó, und das wird sich auch nie ändern. "Ich liebe meine Figuren, ich könnte ihnen nie was Böses tun." Vielleicht sollte das aber passieren, denn der Titel "Blaue Wunder" ist irreführend, oder glaubt wirklich jemand daran, dass Elli am Ende allein dasteht? Die Verzweiflung wäre ein "Blaues Wunder", das Ende des Buches aber überrascht nicht wirklich.

Elli macht zu viele Fehler, als dass der Leser sie lieben könnte. Um einen Menschen zu lieben, muss man ihn auch bewundern können. Doch das geht nicht. Man wünscht Elli Dückers, dass sie auf die Nase fällt, doch sie fällt und fällt nicht. Die Glückliche hat ja die Superheldin und Beschützerin der übergewichtigen Frauen Ildikó im Rücken.

Aber geht es denn bei Büchern von der Stern-Redakteurin von Kürthy wirklich um die Handlung? Wenn man "Blaue Wunder" gelesen hat, dann kann man die Frage mühelos mit "Nein" beantworten, denn von der Story her ist es das schwächste Werk der Autorin. Allerdings gibt es wohl kaum jemanden in der deutschen Literaturlandschaft, der es so sehr vermag, den Leser zu fesseln, ihn zu unterhalten und ihm Dinge mitzuteilen, über die er so noch nie nachgedacht hat, wie Ildikó von Kürthy.

Niemand sollte sich von dieser Rezension abschrecken lassen. In der Liga, in der Ildikó von Kürthy spielt, sind die Ansprüche nun mal hoch. Bei Bayern München wird auch über eine Vizemeisterschaft lamentiert. "Blaue Wunder" löst trotz angesprochener Mängel das bekannte Ildikó-Glücksgefühl aus. Vielleicht sollte auch Elli davon probieren, dann würde sie weniger unter Gewichtsproblemen leiden.

Sachar Kriwoj

Kaufempfehlung:
[Buch] »Blaue Wunder« bei Amazon bestellen