14 Jahre Deutsche Einheit – ein Grund zum Feiern?

Als am 3. Oktober 1990 die DDR der Bundesrepublik beitrat, war die Freude in ganz Deutschland grenzenlos. Man lag sich am Brandenburger Tor in den Armen, feierte ausgiebig und hatte große Erwartungen an die Zukunft. Was ist nun, 14 Jahre später, von dieser Euphorie geblieben?

Dass sich die Deutschen überhaupt dieser Tage fragen, sind 14 Jahre Wiedervereinigung tatsächlich ein Grund, fröhlich zu sein, scheint ein bezeichnendes Licht auf den Zustand dieses Landes zu werfen. Wahrscheinlich ist die leicht negativ konnotierte Fragestellung schon das Problem an sich – nämlich der ewige Pessimismus der Bürger, die fatale "Fähigkeit", alles schlechter zu machen, als es tatsächlich ist. Das Motto vieler Deutschen lautet zur Zeit offenbar: Die Stimmung ist deutlich mieser als die Lage!

Bei den zentralen Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit in Erfurt fand glücklicherweise der Bundespräsident treffende, zugleich aber mahnende Worte: Damals hätten die Ostdeutschen ihren "überwältigenden Willen zum Aufbruch und zur Veränderung" eingebracht. Im Moment fehle dieser Mut zu Reformen, aber auch zur eigenverantwortlichen Freiheit oftmals in ganz Deutschland. Dabei, so Horst Köhler weiter, gebe es keinerlei Anlass zu verzagen, denn die Bürger hätten "schon ganz andere Herausforderungen gemeistert." Zwar stehe das Land insgesamt vor großen Aufgaben, doch er sei fest davon überzeugt, man könne und werde sie bewältigen.

Damit hat Köhler zweifelsfrei recht. Und es ist sein berechtigtes Anliegen, den Deutschen immer wieder ins Gewissen zu reden, ihnen Mut zu machen, sie anzuspornen. Dieser Ansporn, sei es bei notwendigen Veränderungen in den meisten Politikbereichen oder bei der Vollendung der "inneren Einheit", ist vielen in Ost und West verloren gegangen. Da sind sich leider sowohl die neuen als auch die alten Bundesländer näher, als man gemeinhin denken könnte. Köhler wies daher in seiner Ansprache ebenfalls darauf hin, schon vor 1989 habe die alte Bundesrepublik anstehende Reformen versäumt. Nun müsse sich das geeinte Deutschland diesem Problem stellen und auf die positiven Erfahrungen der Wendezeit 1989/90 zurückgreifen.

Damals, vor 14 Jahren habe das Land Zuversicht bewiesen – daran muss sich das Land nun wieder orientieren. Das ist dann auch die Botschaft des diesjährigen 3. Oktobers.

Stefan Ewert