Finito

Tote Hose in der Dreigroschenoper

03.10.2006

Eine Großstadt zwischen Glanz, Straßenkampf und Wirtschaftskrise, zwischen Aufbruch und Abgrund. Zum 50. Todesjahr von Bertolt Brecht inszenierte Klaus Maria Brandauer »Die Dreigroschenoper« im historischen Berliner Admiralspalast. Von August bis Oktober konnte das Publikum Campino & Co auf der Bühne bewundern.

Doch was ist »Die Dreigroschenoper« eigentlich? Eine Oper für Arme? Nach dem Produzenten Lukas Leuenberger ist sie: »die aggressiv-erotische Travestie des Lebens in der freien Wildbahn der Zivilisation. Der Räuber als Bürger und der Bürger als Räuber. Vom Zuhälter und Verbrecherkönig Mackie Messer über den Bettlerkönig Peachum bis zum Polizeichef Tiger Brown gibt es im Stück keine Unschuldigen.«

Polly (Birgit Minichmayr), die Tochter des Bettlerkönigs Mr. Peachum (Gottfried John) heiratet den Verbrecherkönig Mackie Messer (Campino). Mrs. Peachum (Katrin Sass) und ihr Mann wollen ihren Schwiegersohn hängen sehen und setzen alles daran, Mackie aufzuspüren, nachdem ihm Polly zur Flucht verhalf. Der Polizeichef Tiger Brown (Michael Kind), bester Freund von Mackie Messer, kann ihm nicht mehr helfen und liefert ihn aus. Auch seine Frauengeschichten Lucy (Jenny Deimling) und Spelunken-Jenny (Maria Happel) verraten den Verbrecherkönig. Schon am Galgen stehend, rettet ihn der königliche Bote in letzter Minute vor dem Tod. Aufgrund der zeitgleichen königlichen Krönung in London darf er am Leben bleiben und wird zudem in den Adelsstand erhoben – ein unrealistisches Happy End – wie die Figuren im Stück selber zugeben.

Die Inszenierung des Bühnenklassikers überzeugt nicht. Die Schauspieler sangen undeutlich und dem Zuschauer fällt es schwer, die Geschichte genau zu verfolgen. Keine Akzente, kein bestechender Campino. Und wo ist das verruchte Milieu? Witz und Charme kommt in der Gestalt der Mrs. Peachum zum Vorschein. Katrin Sass wird ihrer Rolle gerecht und bekommt zum Ende auch einen tobenden Applaus. Doch auf die »Wilden Zwanziger« wartet das Publikum vergebens.

Janina Wibbing

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