The Day after Tomorrow

Wirksame Kinofilme sind Erlebnisströmungen, die Millionen von Menschen in unterschiedlichen sozialen Situationen für einige Stunden in einer Sinnentwicklung zusammenschweißen. Je überzeugender und bedeutsamer ihr Inhalt ist, desto mehr Berufsgruppen, Bildungsniveaus und Altersgruppen sind bereit, sich auf ein und dieselbe Strömung einzulassen.

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"The Day After Tomorrow" von Roland Emmerich ist so ein Film, der in überspitzter Weise auf die Problematik der Klimaerwärmung aufmerksam macht und dabei keine Katastrophe auslässt: Tornados wüten über Großstädte, New York wird durch Riesenwellen verwüstet und Hagelkörner, die die Größe von Tennisbällen besitzen, fallen auf Tokio nieder; aber schafft diese Thematik es auch, sich im Bewusstsein der Zuschauer zu manifestieren und eine Verhaltensänderung hervorzurufen? Können solche Filme die Zuschauer wachrütteln und ein neues Bewusstsein schaffen?

Bereits in den vergangenen Jahren konnte durch erfolgreiche Spielfilme der Fokus auf bestimmte wissenschaftliche Themen gelenkt werden: so z.B. wurde durch "Rain Man" der Autismus in das öffentliche Bewusstsein transportiert, Jurassic Park löste das Dinosaurier- Fieber und das Interesse am Klonen aus.

Dan Schrag von der Harvard Universität geht von der Annahme aus, dass viel mehr Menschen "The Day After Tomorrow" sehen würden, als je seine Aufsätze gelesen hätten und der Medienforscher Weingart fügt hinzu, dass der Glaube an das, was man sieht, in den USA viel stärker ausgeprägt sei als in Europa.

Doch auch wenn der Film die Horrorszenarien in überspitzter Weise darstellt, so gilt die Klimaerwärmung als eine Tatsache, die man nicht ignorieren darf und nach einem Bericht der EPA, müssten in den nächsten Jahrzehnten einige gravierende Folgen der globalen Erwärmung gerade für die USA erwartet werden.

Höhere Temperaturen würden vor allem empfindliche Ökosysteme in den Gebirgen und an den Küsten zum Verschwinden bringen, vermehrt zu Hitzewellen, Dürrezeiten und Luftverschmutzung führen und sich beispielsweise auf die Menge der durch Schneeschmelze entstehenden Wassers auswirken. Auch das Wachstum von Pflanzen und die Zusammensetzung der Arten könnte sich verändern, vornehmlich in den bewaldeten Regionen des Südostens. Zu befürchten sei auch eine Zunahme von Krankheiten, die durch Insekten übertragen werden.

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Nach dem Bericht würde sich der Ausstoß von Treibhausgasen in den USA bis 2020 um 43 Prozent erhöhen. Und doch sehen die USA, die für 36 Prozent der weltweiten Schadstoffbelastung verantwortlich sind, noch keinen Handlungsbedarf und die Regierung setzt weiterhin auf freiwillige Maßnahmen der US-Konzerne, um die Abgabe von Treibhausgasen zu reduzieren. So heißt es beruhigend für die Industrie, dass abrupte Veränderungen weder der Umwelt noch der Wirtschaft bekommen würden und die Bush-Regierung jeden Schaden von der US-Wirtschaft abhalten werde: "Wirtschaftswachstum ist der Schlüssel für den Schutz der globalen Umwelt. In der wirklichen Welt wird niemand auf grundlegende familiäre Bedürfnisse verzichten, um die globalen Gemeingüter zu schützen."

"The Day After Tomorrow" ist ein mitreißender Film, der mit beachtlichen Computeranimationen dramatische Bilder entwickelt, die unter die Haut gehen, jedoch halten diese Szenarien nicht der Realität stand. Das Abreißen des Nordatlantikstroms würde im schlimmsten Fall einen Temperaturabfall um drei bis fünf Grad mit sich bringen, welches zwar verstärkt zu einer Änderung von Großwetterlagen, Niederschlagsverteilung und Sturmhäufigkeit führen könnte, jedoch durch die Erwärmung der Luft durch Treibhausgase etwas abgefedert werden würde.

Ganz sicher lässt sich jedoch der Zusammenbruch des globalen Wärmehaushalts ausschließen und eine Eiszeit sei nach Expertenmeinung in den nächsten 10000 Jahren nicht zu erwarten. "The Day After Tomorrow" ist ein großangelegtes Filmprojekt, das etwa zehnmal soviel gekostet hat wie ein mittleres Universitätsinstitut im Jahr ausgeben kann. Aber auch wenn die ökologische Apokalypse in naher Zukunft ausbleiben wird, so besteht die berechtigte Hoffnung, dass der Film mit seiner erhöhten Öffentlichkeitswirkung die Zuschauer in seinen Bann zu ziehen und ein verändertes Umweltbewusstsein zu schaffen vermag.

Annekatrin Brünig

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