Feldzug für die Liebe

Folge 5: Helden sterben nicht aus

Wir wollen uns heute zwei deutschen Helden widmen. Es passt zum aktuellen Bild von Deutschland, dass ihr Ruhm längst verblasst ist. Sie waren in den 80ern und 90ern Stammgäste in unseren Wohnzimmern, heute kommt nur noch einer von ihnen gelegentlich vorbei.

Und wenn er denn da ist, dann ist es nicht wie früher, als wir ihn liebten und ihm alles Gute wünschten, dann erzählt er uns von seinen Problemen. Oder noch schlimmer, dann erzählen andere von seinen Problemen.

Boris Becker und Steffi Graf haben in Deutschland Tennis zum Volkssport gemacht. Es gab mal eine Zeit, als noch kein Mensch wusste, wo Kerpen ist, aber jeder Leimen und Brühl auf der Karte fand. Es gab mal eine Zeit, da konnte jedes Kind die Tennis-Weltrangliste runterbeten. Alles vorbei. Boris macht nur noch in den Klatschblättern von sich reden, und Steffi Graf ist heute Mrs. Agassi.

Boris war letzte Woche großes Thema in der "Bunten". Sie stellte seine zwei Söhne der unehelichen Tochter Anna gegenüber. SAT 1 griff das Thema auf und fragte Boris Ex-Babs, ob denn nicht ihre zwei Sprösslinge mal die Stiefschwester kennen lernen dürften. "Aber sicher wird das irgendwann passieren." Diese Antwort ist in etwa so präzise wie die Auskunft von Kaiser Franz, wer den Bundestrainer der Fußball-Flaschen wird. Die FAZ hingegen überlegte lange, ob es sich denn gehört, ein Kind zu kritisieren. Schließlich sind doch Kinder das Höchste und Tollste. Stefan Niggemeier schließlich befand, dass kein Weg daran vorbeiführen würde, die Wahrheit auszusprechen und gab der kleinen Anna den wohl treffendsten Spitznamen, den die Welt jemals gehört hat: "E.T. mit Zöpfchen". Herr Niggemeier, wir verneigen uns vor ihnen. Sie sprechen aus, was wir denken. Wir schweigen besser und überlassen Ihnen den Prozess, sie werden schon einen guten Anwalt finden.

Ganz anders ergeht es Steffi Graf. Während Becker einst die großen Werbeverträge abstaubte und schon früh mit uns sein Privatleben teilte, war Steffi immer ein wenig diskreter. Umso überraschter waren wir, als sie uns Andre Agassi als ihren neuen Doppelpartner vorstellte, und zwar nicht auf dem Tennisplatz sondern im Bett. Auch als die Hochzeitsglocken läuteten, dachten wir nicht daran, dass diese Beziehung halten könnte. Spätestens jetzt sehen wir unseren Fehler ein und entschuldigen uns. Steffi Graf wurde in die "Hall of Fame" des Tennis aufgenommen, die feierliche Laudatio hielt ihr Ehemann Andre Agassi: "Ich kann kaum glauben, wie du ganz leise deinen Schläger in die Ecke gestellt hast, um die Mutter meiner Kinder zu sein". Und weiter "Ich habe sieben Tage in der Woche jeden Abend mit Kreide etwas über dich auf unsere Tafel geschrieben. Manchmal waren es nur kurze Sachen - aber es hatte immer etwas mit deinem großen Herzen zu tun." Steffi, die auf dem Platz immer sehr verbissen wurde, kamen die Tränen. Und auch wenn es ihr großer Tag war, spielte sie wie früher auf dem Platz einen perfekten Return und antwortete Andre: "Ich habe in meiner Zeit beim Tennis viele Reisen gemacht. Doch das beste an dieser Reise war, dass sie mich zu dir geführt hat, Andre. Dafür bin ich für immer dankbar."

Helden sterben also nicht aus. Sie werden irgendwann zu ganz normalen Menschen. Solchen, die scheitern und solchen die wir nach wie vor bewundern.

Sachar Kriwoj