Feldzug für die Liebe

Folge 6: Entscheidung aus Liebe

In romantischen Filmen siegt sie immer – die Liebe, die stark ist und den Protagonisten aufzeigt, dass es sich für sie und damit das Glück zu zweit zu kämpfen lohnt.

In der Realität ist die Liebe jedoch zu einer Rarität geworden, die nicht selten als ein Hindernis empfunden wird, das die eigene Entwicklung hemmt. Im Globalisierungszeitalter gerät die Liebe eher ins Hintertreffen und kann dem hohen Individualisierungsgrad, der mit dem Wunsch nach Selbstverwirklichung und freier Entfaltung einhergeht, nicht standhalten.

In der komplexen Welt, in der die Möglichkeiten die Vielfältigkeit eines Süßwarensortiments besitzen, ist Flexibilität gefragt, welche nicht selten mit Egoismus gepaart der Forderung nach Selbstlosigkeit, Verzicht und Rücksichtnahme nicht nachkommen kann.

Der Statistik zufolge ist die Wahrscheinlichkeit für einen jungen Erwachsenen, mindestens einmal im Leben zu heiraten in Deutschland auf 60 Prozent gesunken. In den sechziger Jahren betrug sie noch 90 Prozent. Die Hochzeit wird langsam zur Ausnahme – ganz abgesehen davon, dass sich die Scheidungshäufigkeit in den vergangenen 40 Jahren verdreifacht hat. Die Aussicht, dass eine Ehe zerbricht, liegt heute statistisch bei 40 Prozent (in den siebziger Jahren waren es 13 Prozent).

Ebenso werden zwar mehr Beziehungen eingegangen, welche jedoch nicht von Dauer gekennzeichnet sind. So befragten Sexualwissenschaftler der Universitäten Hamburg und Leipzig etwa 800 Männer und Frauen in den Altersgruppen 30, 45 und 60 Jahre. Dabei zeigte sich unter anderem, dass die heute 30-Jährigen schon mehr Beziehungen hinter sich haben als die heute 60-Jährigen. Während die 30-Jährigen durchschnittlich 3,6 Partnerschaften erlebt haben, kommen die 60-Jährigen nur auf 2,8.

Die Kehrseite der Medaille all dieser Entwicklungen ist jedoch die Einsamkeit und für die meisten Befragten der Hamburg-Leipzig-Studie ist die Lebensweise, die hinter der Statistik steht, nicht die, die sie sich wünschen. "Unsere Ergebnisse scheinen paradox zu sein", sagt Starke, "auf der einen Seite gehen Beziehungen immer häufiger in die Brüche, auf der anderen Seite wünschen sich auch die Jüngeren eine lebenslange feste Beziehung – und nicht von vornherein eine auf Zeit. Sie glauben an die große Liebe und träumen davon, dass sie ewig währt." Auch der Kinderwunsch, sagt Starke, sei "keineswegs absozialisiert".

Und vielleicht gerade deshalb ist nicht nur in Sachen Mode ein Revival vergangener Jahrzehnte zu verzeichnen, sondern auch in den zwischenmenschlichen Beziehungen gibt es zaghafte Anfänge, die die Rückkehr zu alten Mustern andeuten und mit der Bereitschaft zum persönlichen Verzicht einhergehen. Als einer der Vorreiter beendet etwa Justin Timberlake für Freundin Cameron Diaz die eigene Popkarriere, um mehr Zeit zu zweit verbringen zu können. Trotz weltweit ausverkaufter Konzerte und eines sieben Millionen Mal verkauften Debutalbums gab der von den Medien gefeierte "neue King of Pop" das vorläufige Ende seiner Konzerte an.

Doch er ist nicht allein, sondern mit ihm verzichten auch Guy Ritchie, Seal oder Michael Douglas auf Ruhm und Geld im Namen der Liebe. Die Wiederentdeckung des Glückes zu zweit zog auch an Marc Terenzi nicht spurlos vorbei, der für seine Frau Sarah Connor und das gemeinsame Kind nicht nur bei der Boygroup "Natural" ausgestiegen ist, sondern auch noch sein Heimatland, die USA, verlassen wird, um mit seiner Familie in Delmenhorst zu leben. Wie der Musiksender "MTV" berichtet, möchte Hausmann Marc sich nicht nur den familiären Pflichten stellen, sondern freut sich auch ungemein, das gemeinsame Haus in Sarahs Heimatstadt einzurichten.

In einer Zeit der Ruhelosigkeit und Reizüberflutung, in der die Partnersuche zu einer großen Hürde geworden ist, breitet sich der Wunsch nach Beständigkeit und geteiltem Glück immer mehr aus, der gerade junge Menschen dazu bringt, den einsamen Egoismus zu überwinden und sich für die Mangelware Liebe zu entscheiden.

Annekatrin Brünig