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Berlin ist bankrott

Berlin erklärt den Haushaltsnotstand. Porträit einer Finanzkatastrophe.

Die Misere der Stadt Berlin begann spätestens vor gut 12 Jahren, genauer am 3. Oktober 1990: Deutschland lag sich in den brüderlichen und schwesterlichen Armen und feierte das Ende seiner Teilung. So auch Berlin. Hier waren schließlich Mauer und Stacheldraht besonders im Bewußtsein der Bewohner verankert. Nicht dass die Wiedervereinigung der alleinige Grund für die finanzielle Katastrophe war - nein, nein, das nicht, aber eigentlich war für Berlin danach alles anders als zuvor.

Denn zuvor hatten sich Ost- und West-Berlin einigermaßen behaglich in ihrem weltweit einzigartigen Zustand eingerichtet: Die "Hauptstadt der DDR" war Schaufenster des Ostens (auch wenn es nicht besonders viel zu gucken gab) und wurde entsprechend aufgepäppelt. Das alte West-Berlin war auch Schaufenster. Der freien Welt nämlich. Und der ging es gut. Also war es auch um diesen Teil der Stadt gut bestellt. Sehr gut sogar, das Geld aus der Bundesrepublik floß in Strömen und wenn der Berliner Haushalt mal ein Defizit auswies, dann gab Bonn einfach noch etwas mehr Geld und das Problem war aus der Welt.

Ja, ja, tempi passati. Und das schon seit 1990. Schritt für Schritt wurden der nun geeinten Stadt, die auch wieder Hauptstadt Deutschland geworden war, die alten finanziellen Privilegien wie die Berlin-Zulage alias Zitterprämie gestrichen. Ziemlich plötzlich übrigens, was erstmal kaum jemand wahrhaben wollte. Leider merkte jetzt auch die Wirtschaft recht schnell, dass aus Berlin ja nun ein ganz normaler Standort geworden war, der nicht mehr überproportional subventioniert wurde. Flugs verabschiedeten sich viele Unternehmen von ihren verlängerten Werkbänken und zogen ins erweiterte Umland. Schade.

Mit anderen Worten: Innerhalb weniger Jahre hatte Berlin zum einen verringerte Zuschüsse und den Verlust von Arbeitsplätzen zu verkraften, zum anderen aber vor allem ungeheure Einheitslasten zu schultern. Und das bei einem völlig überdimensioniertem Öffentlichen Dienst plus einer Überausstattung in sämtlichen Bereichen des Lebens: Drei Opern, drei Universitäten... Die Ausgaben überstiegen (und übersteigen bis heute) die Einnahmen des Landes beträchtlich. Zunächst wurde versucht, diese Probleme zu verdrängen und stattdessen einfach neue Schulden aufzunehmen. Denn irgendwann werde die Lage schließlich wieder besser, dann könnte man ja diese Schulden auch wieder zurückzahlen. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Mitte der 90er Jahre wurde dann doch erkannt, dass beherztes Sparen vielleicht eine Alternative zu den Schulden sein könnte. Ein bißchen spät leider. Half aber nicht so recht, weil nicht recht klar war, woran man am besten sparen sollte. Außerdem sorgte die heimische Bankgesellschaft für neues Unheil und neue Risiken. So stieg der Schuldenberg von 11 Milliarden Euro (1991) auf sagenhafte 46 Milliarden (2002). Donnerwetter! Und bis 2006 sollen es fast 58 Millarden sein.

Zeit, die Notbremse zu ziehen: Neben eigenen echten Konsolidierungsanstrengungen, bei denen das Wowereitsche Motto: "Sparen bis es quietscht!" gilt, will Berlin sein Glück nun vor dem Bundesverfassungsgericht versuchen. Dort soll der Bund auf finanzielle Hilfe zur Entschuldung verklagt werden. Bevor in Kürze eine Klageschrift eingereicht wird, hat der Senat am 5. November die Haushaltsnotlage erklärt. Das ist politisch möglich, wenn sowohl die Kreditfinanzierungs- als auch die Zins-Steuer-Quote über dem Bundesschnitt liegen. Diese beiden Hürden nimmt Berlin leider locker. Die Lage ist tatsächlich ernst, obwohl das Land u.a. durch Steuern und Länderfinanzausgleich weit mehr pro Kopf einnimmt als der Durchschnitt der Bundesländer. Kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem hat daher Finanzsenator Sarrazin messerscharf gefolgert.

Der Befund ist daher klar, mal sehen, wie es weitergeht.

Stefan Ewert

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