Big Brother kehrt zurück
Interaktives Pferderennen für die Nation: Wiederaufnahme der Reality-Show
"Big Brother". In der vierten Staffel wird es dramatischer: "The Battle".
Fast zwei Jahre ist es her, dass die dritte Staffel "Big Brother" mit Karinas
Verlassen des Hauses am 106. Tag ein Ende fand. Karina, wer bitte ist Karina?
Zeit genug, um zu vergessen und zu verzeihen, denkt sich RTL II, und Endemol
lacht sich ins Fäustchen. Auch wenn die Quoten am Schluss nicht mehr die
höchsten waren, "Deutschland sucht den Superstar" hat die Lust der Fernsehnation
an interaktivem Entertainment und aktivem Voyeurismus aufs Neue bewiesen. Ob es
nun die Nachfrage des Publikums nach Brot und Spielen oder der Mangel an
innovativen Reality-TV-Formaten ist, man lässt nichts unversucht, wenn nebenan
ein Sender nach dem anderen rote Zahlen schreibt.
Die Zuschauer sind es gewohnt, mit Fortsetzungen und Wiederholungen zu rechnen,
nichts wird ad acta gelegt, bevor es seine Wiederkaubarkeit ganz verloren hat.
Das Prinzip ist natürlich zugegebenermaßen genial in seiner Anspruchslosigkeit:
Dem Fernsehzuschauer wird die Macht der Entscheidung über "Leben und Tod" der
Kandidaten gegeben, gleichzeitig ein beliebig oft ausfüllbarer Wahlstimmzettel
und als Wetteinsatz unbegrenzte Telefoneinheiten. Gemütlich zurückgelehnt kann
das Volk im TV beobachten, wie sich einige mutige Exemplare ihrer Spezies zum
Affen machen. Deren Motiv war anfangs neben den 300.000 DM Gewinnprämie das
"Austesten der eigenen Grenzen" gewesen und ein "Back to Basics" zum Trotz der
Konsumgesellschaft, jedoch hat sich das Ganze eher zu einem psychischem
Survival-Training entwickelt, das die Kandidaten in Kauf nehmen, um später beim
Sender Neun.Live Stripperinnen ansagen zu dürfen oder mit gepitchter Stimme in
animierten Videoclips herumzuhüpfen. Natürlich muss von Seiten der
Eingesperrten auch eine Menge Einsatz kommen: Intrigen, Mobbing, Sex, Liebe.
Alles, was halt so zum Leben dazu gehört, es heißt ja nicht zum Spaß Reality-TV.
Vielleicht hat RTL gar nicht so unrecht mit der Wiederaufnahme der Sendung,
schließlich müssen irgendwie die 88% der Bevölkerung bedient werden, die die
Tagesschau nicht mehr verstehen. Und endlich muss man nicht mehr politisch
Partei ergreifen, sondern sucht sich einfach einen Favoriten, der ein echter
Kerl ist, ehrlich und mutig, und der nicht dumm rumschwätzt, so wie die im
Bundestag. What you see is what you get. Wir schaffen uns unsere eigenen
Kleinkriege und können auch noch mit Vernichtungswaffen eingreifen. Man kämpft
nicht für das Pferd, auf das man gesetzt hat sondern gegen die anderen Pferde.
Leider entgeht dem Zuschauer dabei nur zu leicht, dass er die Zügel schon lange
nicht mehr in der Hand hält. Dass, wie in der Politik, die Manipulation der
Medien genauso präsent wie undurchsichtig ist. Im Prinzip ist es so fast egal,
ob man auf einen Kandidaten aus dem Volk oder auf einen hohes politisches Tier
setzt. Krieg in der einen oder anderen Form bleibt also kaum aus. Und die
TV-Realität soll in der kommenden 4. Staffel dem richtigen Leben immer mehr
angepasst werden. Keine Langweiler seien mehr unter den Kandidaten und keine
übertriebenen Selbstdarsteller, erklärt Endemol. Es ginge um Gewinnen oder
Verlieren, alles werde "schneller, härter, spannender". Die nötige Steigerung
der Fortsetzung also. Die neuen Regel bleiben jedoch noch bis zu Beginn am
31. März unter Verschluss. Dann schickt RTL2 wieder zwölf Pferde ins Rennen,
ohne Rücksicht auf deren Verluste. Als realistische Spielbälle der Nation.
Dorothee Fesel
Link:
RTL2 online
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