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Sein Todestag jährt sich zum 10. Mal: Willy Brandt

Am 8. Oktober 1992 starb Willy Brandt - Ein Rückblick

Am 18. Dezember 1913 wurde Willy Brandt als Herbert Ernst Karl Frahm in Lübeck geboren. Niemand konnte ahnen, daß Brandt 1969 zum ersten sozialdemokratischen Bundeskanzler der Nachkriegszeit und zum sicherlich prägendsten Politiker der Bundesrepublik neben Konrad Adenauer aufsteigen sollte.

In ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen, war er schon frühzeitig Mitglied der SPD, die er Anfang der 30er Jahre jedoch verließ, da ihm die Partei nicht entschlossen genug für die Arbeiter eintrat. Daher schloss sich Brandt, der 1932 das Abitur ablegte, der neu gegründeten SAP (Sozialistische Arbeiterpartei) an. Im April 1933 wurde er von der Parteiführung nach Norwegen gesandt, um in Oslo die Zusammenarbeit im der dortigen Arbeiterpartei zu forcieren. Brandt war damals gerade 20 Jahre alt und bezeichnete sich, wie er im Rückblick einräumte, zu diesem Zeitpunkt noch als revolutionären Sozialisten. Diese Haltung wandelte sich während des Skandinavienaufenthalts: 1940 vor den Deutschen nach Schweden geflohen, knüpfte er in Stockholm enge Kontakte zu anderen Emigranten wie Bruno Kreisky und schwedischen Sozialdemokraten. In dieser prägenden Zeit entwickelte sich Brandt zu einem demokratischen Sozialisten, der sich stets für die weltweite Kooperation der Arbeiterbewegung einsetzen sollte.

1947 - in seiner Zeit als Presseattache in der norwegischen Militärmission beim alliierten Kontrollrat - beschloß Brandt, der seit 1940 norwegischer Staatsbürger war, nach Deutschland zurückzukehren und beim Aufbau demokratischer Strukturen mitzuhelfen. Nach seiner Wiedereinbürgerung 1948 und der offiziellen Änderung seines Namens von Frahm zu Brandt konnte er schnell - von Ernst Reuter unterstützt - in der wiedergegründeten SPD in Berlin (West) Fuß fassen. Diese Stadt wurde zum Ausgangspunkt seiner weiteren Karriere: Ab 1949 gehörte er dem ersten Deutschen Bundestag an, seit 1957 war er Regierender Bürgermeister der geteilten Stadt. In dieser Funktion erlebte er 1961 hautnah den Mauerbau. Ein einschneidendes Ereignis: Ihm wurde klar, unbedingt mit kleinen, unbürokratischen Maßnahmen (Passierscheinabkommen mit der DDR 1963) für "menschliche Erleichterungen" sorgen zu müssen, um die deutsch-deutsche Grenze etwas durchlässiger zu werden zu lassen. "Es muß verhindert werden, daß sich die Deutschen in beiden Teilen einander fremd werden", wie er es einmal ausdrückte.

Zusammen mit seinem politischen Berater und Freund Egon Bahr entwickelte Brandt die Ansätze einer neuen Ost- und Deutschlandpolitik. In der berühmt gewordenen Tutzinger Rede vom 15. Juli 1963 prägten beide die Formel "Wandel durch Annäherung": Das Ziel müsse zunächst sein, zu einer begrenzten friedlichen Koexistenz zwischen Ost und West zu kommen. Im Rahmen einer weltweiten Entspannung, eingebettet in die europäische Einigung, könne auch die Deutsche Frage gelöst werden. Diese Konzeption verfolgte er unablässigt weiter: 1964 wurde er SPD-Vorsitzender, 1966 Außenminister der Großen Koalition unter Kurt Georg Kiesinger und seit 1969 war er Bundeskanzler einer sozial-liberalen Koalition.

Wie sehr sich die Zeiten geändert hatten, zeigt der Umstand, dass ein Mann mit der Vergangenheit Brandts, Kanzler der Bundesrepublik werden konnte. Es wurde gleichsam als Zeichen des Aufbruchs und der Erneuerung gesehen. Innenpolitisch ging er Reformen an, die er in seiner ersten Regierungserklärung mit dem Schlagwort "Mehr Demokratie wagen" umschrieb. Außenpolitisch widmete er sich Vertragsschlüssen mit den östlichen Nachbarn: Unterstützt von Außenminister Walter Scheel (FDP), schloß die Bundesrepublik in schneller Folge Grundlagenverträge mit der Sowjetunion und Polen (1970), mit der DDR (1972) und der CSSR (1973). In der Zwischenzeit (1971) sicherte das alliierte Viermächteabkommen endgültig den Status von Berlin (West) mit seinen engen Bindungen an die Bundesrepublik. Welche Reputation Brandt in der ganzen Welt erreicht hatte, zeigt die Verleihung des Friedensnobelspreises 1971.

Doch innenpolitisch schwandt nach der gewonnenen Bundestagswahl 1972 zunehmend der Rückhalt. Man hatte den Eindruck, Brandt sei amtsmüde und habe den aufkommenden wirtschaftlichen Problemen kein Konzept entgegenzusetzen. Im politischen Alltagsgeschäft schien er weniger erfolgreich zu sein. Der Stern Brandts sank: 1974 mußte er im Zusammenhang mit Enttarnung des DDR-Spions Günter Guillaume, der im Kanzleramt Brandts persönlicher Referent war, als Bundeskanzler zurücktreten. Helmut Schmidt folgte ihm im Amt nach.

Danach blieb Brandt bis 1987 weiterhin Vorsitzender der SPD und bis zu seinem Tode Bundestagsabgeordneter. Als Präsident der Sozialistischen Internationalen (1976 bis 1992) und als Vorsitzender der Nord-Süd-Kommission (1977 als 1980) war er vor allem auf internationaler Bühne weiterhin aktiv. Der Kreis seines politischen Wirkens schloß sich 1990 mit Wiedervereinigung beider deutschen Staaten: "Es wächst zusammen, was zusammengehört."

Willy Brandt, dessen Todestag sich am 8. Oktober zum zehnten Male jährt, bleibt als großer Staatsmann Deutschlands in Erinnerung .

Stefan Ewert

Link:
Willy-Brandt-Stiftung

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