Buntschatten und Fledermäuse
Axel Brauns hat einen autobiographischen Roman geschrieben. Das scheint an sich
zunächst nicht weiter bemerkenswert. Doch Axel Brauns ist Autist.
Spätestens seit dem Film "Rain Man" weiß die breite Öffentlichkeit, was es damit
auf sich hat, Autist zu sein. Autisten haben eine Kontaktstörung zu Menschen und
ihrer Umgebung, die Unfähigkeit mit anderen in kontakt zu treten und zu kommunizieren.
Daher war auch jeder bisherige Versuch, sich dem Thema mit künstlerischen Mitteln
zu nähern, notwendig auf eine Sicht von außen verwiesen. Die Wahrnehmungen aus der
Sicht eines Autisten wiederzugeben war kaum möglich, da dieser solche eben nicht
mitteilen konnte.
 |
 |
Axel Brauns |
Axel Brauns hat nun das Unmögliche vollbracht Er hat die Welt aus seiner Sicht,
aus der Sicht eines Autisten, geschildert. Und diese Sicht verblüfft. Vieles, was
für seine Umwelt völlig normal ist, stellt für ihn ein Ereignis dar. Und
tatsächlich sind all die Dinge, die Axel Brauns Rätsel aufgeben, durchaus merkwürdig.
Dem "normalen" Menschen fallen sie nur nicht mehr auf, weil er seit eh und je von
ihnen umgeben sind; sich daran gewöhnt haben, ohne jemals etwas zu hinterfragen.
"Buntschatten und Fledermäuse" offenbart, dass Autisten eine sehr genaue Wahrnehmung
der Welt haben, oft sogar viel genauer als ihre Umgebung. Sie empfinden die
Dinge nicht als besser oder schlechter, und auf keinen Fall nehmen sie etwas
falsch wahr. Autisten sehen die Welt aus einem anderen Blickwinkel.
Stilistische Raffinessen findet man in "Buntschatten und Fledermäuse" nicht.
Der Roman ist in einfachen, kurzen Sätzen gehalten. Alles andere wirkte auch
unpassend und würde nur von wundervollen Neologismen wie "Wolkenkrem" und
"Nebelgesicht" ablenken. Mit diesen beschreibt Axel Brauns seine Eindrücke und
Empfindungen und zwar wesentlich besser nachfühlbar, als es mit üblichen,
vertrauten Wendungen möglich wäre. "Buntschatten und Fledermäuse" ist vielleicht
kein literarisch anspruchsvolles, aber ein berührendes und spannendes Buch.
Es eröffnet eine völlig neue Sicht der Dinge.
Sebastian Creutz
|
frisch und neu
|
 |
|