Eurovision Song Contest 2004: Wer fährt nach Istanbul?
Am 19. März ist es mal wieder soweit: Der deutsche Vorentscheid zum
»Eurovision Song Contest« steht an. Diesmal ist jedoch vieles neu, denn
nach drei eher verkorksten Jahren mit Endrundenteilnehmern wie Michelle,
Corinna May oder Lou, hat der NDR beschlossen die Regeln zu überarbeiten.
Mit dem Musiksender Viva wurde ein Partner an Land gezogen, der mithelfen
sollte, den nationalen Vorentscheid zu verjüngen.
Zu den neuen Regeln sei folgendes gesagt: Die Künstler können sich
nicht mehr selbst bewerben, statt dessen schlagen die Plattenfirmen
Musikbeiträge vor. Des Weiteren müssen die Bewerber ein professionelles
Video vorweisen können, das ab 12. Januar im Musiksender Viva gezeigt wird.
Weitere Titel können Wild-Cards erhalten, wenn sie in den Charts landen und
nicht vor dem 1. Oktober 2003 veröffentlicht wurden.
brainstorms stellt Euch nun die Teilnehmer der diesjährigen
Vorentscheidung vor.
Laith Al-Deen: »Höher«
Mit der deutschsprachigen Version des Hits der Gruppe B-Zet
»Everlasting Pictures«, »Bilder von dir« schaffte der Mannheimer 2000
seinen Durchbruch. Nach zwei recht erfolgreichen Alben, nimmt er nun mit
der zweiten Singleauskopplung »Höher« seines dritten und aktuellen Albums
»Für alle« am Vorentscheid teil. Allerdings wird er es schwer haben. Zum
einen aufgrund der Tatsache, dass er auf deutsch singt, zum anderen wegen
der nicht gerade sehr großen, anrufbereiten Fangemeinde. Aber auch der Song
»Höher« an sich gehört nicht gerade zu seinen besten.
Overground: »Der letzte Stern«
Die Gewinnerband des dritten »Popstars«-Castings auf Pro 7 aus dem
letzten Jahr, ist der am schwierigsten einzuschätzende Teilnehmer, da ihre
Fangemeinde, die relativ groß ist, das Voten per Telefon ja bereits sehr
gut kennt. Der Song »Der letzte Stern« ist im Vergleich zum Vorgänger
»Schick mir nen Engel« eher der letzte Mist. Langweiliger Popsong der Marke
Teenie-Herzschmerz. Muss nicht sein und ich hoffe mal: er wird es auch
nicht sein.
Patrick Nuo: »Undone«
Erst Anfang letzten Jahres würde der gebürtige Schweizer mit seiner
Debüt-Single »5days« in Deutschland bekannt. Es folgte das Debüt-Album
»Welcome«, auf dem allerdings nicht der Song »Undone« vertreten ist.
Allerdings sehe ich Patrick Nuo eher als Außenseiter, da er mehr die Art
von Menschen anspricht, die beim Vorentscheid lieber für Overground anrufen
werden als für ihn. Zudem ist der Song kaum bekannt, da er noch nicht
veröffentlicht wurde und auch im Fernsehen bzw. im Radio eher sehr wenig
gespielt wird.
MIA: »Hungriges Herz«
Die Elektropunker aus Berlin sind meine persönlichen Favoriten, und
auch im allgemeinen schätze ich die Chancen der Band um die Frontfrau Mieze
recht gut ein, da sie mit dem Song »Hungriges Herz« eine schöne aber nicht
schnulzige Popballade an den Tag gebracht haben. Sehr gut gefällt mir der
mehrsprachige Refrain in Deutsch, Englisch und Französisch. Qualitativ der
beste Beitrag, könnte jedoch das Telefonvoting zum Problem werden, da MIA
nicht gerade zu den bekanntesten Bands Deutschlands zählen.
Sabrina Setlur: »Liebe«
Die Rapperin aus Frankfurt am Main tritt mit tatkräftiger
Unterstützung der 3p-Mädels Cassandra Steen von Glashaus und Franziska
sowie einem ihrer besten Songs an. Ob das allerdings reichen wird, ist
fraglich, da die gute Frau Setlur, wenn man ehrlich ist, ihren Zenit schon
längst überschritten hat. Und so könnte die mangelnde Fanunterstützung das
frühzeitige Aus des Trios bedeuten.
Scooter: »Jigga Jigga!«
Die bunten Hunde des diesjährigen Vorentscheids kommen aus Hamburg
und heißen Scooter. Mit »Jigga Jigga!« haben sie einen mittlerweile gut
bekannten Song im Gepäck und auch eine, in 10 Jahren gereifte, Fanbase
dürfte anwesend sein. Außerdem haben Scooter schon beachtliche Erfolge in
Osteuropa und dem UK einfahren können, eine ideale Vorraussetzung. Aber mal
im Ernst, wollen wir von Scooter wirklich vertreten werden? Eine knifflige
Frage, die wohl erst am 19.03 endgültig geklärt werden dürfte, nämlich
dann, wenn wir Scooter LIVE erleben dürfen.
Wonderwall: »Silent Tears«
Die mittlerweile nur noch zwei Mädels von Wonderwall treten mit
einem gewohnt weltmusikartigen Song an, der sich nahtlos in die Reihe der
Erfolgssongs wie »Just More«, »In April« oder
»Witchcraft« einreiht. Könnte was werden, da die beiden so eine
Art »Wir sind alle eins«-Gefühl versprühen, das ja gerade bei
solchen Anlässen nicht verkehrt ist. Eine Fanbase ist auch vorhanden, also
lassen wir uns mal überraschen.
WestBam: »Dancing with the Rebels«
Wie in jedem Jahr, gibt es auch dieses Mal wieder einen Künstler,
bei dem man sich fragt: Wieso? Wieso nimmt er daran teil? In diesem Jahr
ist es der Berliner DJ-Guru sowie »Mayday«- und »Loveparade«-Mitbegründer
WestBam, mit freundlicher Unterstützung von Africa Islam. Beide haben schon
unter dem Namen »Mr. X & Mr. Y«, den einen oder anderen, mehr oder weniger
erfolgreichen Song veröffentlicht. Aber nicht, dass man mich falsch
versteht: »Dancing with the rebels« ist kein schlechter Song, jedoch beim
Vorentscheid total fehl am Platz. Und so wird der letzte Platz wohl schon
vorweg vergeben zu sein.
Tina Frank: »Ich schenk' Dir mein Herz«
Lange Zeit stand Tina Frank im Schatten von Oli P., denn sie war
zuständig für die Refrains in Songs wie »Flugzeuge im Bauch«, der
Coverversion von Herbert Grönemeyers Hit aus dem Jahre 82, oder »Das Erste
Mal Tat's Noch Weh«, der Coverversion vom Duett von Stefan Waggerhausen und
Victor Lazlo Anfang der 90er. Und wenn man mal ehrlich ist, muss man
zugeben, dass durch ihren Gesang diese Songs erst einigermaßen erträglich
gemacht wurden, denn wegen der »Rap«-Passagen von Oli P. hat sich
sicherlich kaum einer diese CDs gekauft, bis auf seine eingefleischte
Fanbase. Und genau diese wird Tina Frank beim Vorentscheid fehlen um zu
gewinnen, denn Solo ist ihr Erfolg bisher eher sehr bescheiden ausgefallen.
Maximilian (Sieger des »SSDSGPS«-Castings von TV total): »Can't
Wait Until Tonight«
Auch wenn sich der Sieger des »TV total«–Castings erst noch in den
Charts plazieren muss, um sich endgültig die Teilnahme am Vorentscheid
sichern zu können, kann man doch sehr schwer damit rechnen, den guten Max
am 19. März in Berlin vorzufinden. Denn wenn man es genau nimmt, würde
Platz 40 in den Media Control Charts schon ausreichen. Der von Stefan Raab
selbst geschriebene Song ist zwar nicht der beste, wird von Max aber sehr
stark in Szene gesetzt, so dass er dem Teilnehmerfeld nicht allzu stark
hinterherlaufen muss, sondern sich sogar Hoffnungen auf die vorderen
Plazierungen machen kann. Ob es auch für den Sieg reichen wird, ist eher
unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen.
Masha: »Right Here«
Genau wie bei Maximilian muss auch Masha sich die Teilnahme am
Vorentscheid erst noch durch einen Charteinstieg in die Top 40 der Media
Control Charts verdienen. Anders als bei ihrem männlichen Konkurrenten
jedoch, könnte diese Aufgabe für Masha schon zum vorzeitigen Aus führen.
Denn auch ein berühmter Vater namens Frank Elsner, seines Zeichens
Showmaster und »Wetten dass...?!«-Erfinder, oder eine berühmte Mutter
namens Marion Maerz, ihres Zeichens erfolgreiche Schlagersängerin in den
60ern, helfen nichts, wenn man selber absolut unbekannt ist. Sollte Masha
dennoch die erste Hürde meistern, und ihren Song in den Charts plazieren,
wird sie sicherlich ohne eine Chance beim Vorentscheid teilnehmen.
Man kann sich also auf einen spannenden Vorentscheid freuen, wie man
ihn seit Guildo Horn und Stefan Raab nicht mehr erlebt hat. Moderiert wird
das Ganze von Jörg Pilawa und Sarah Kuttner am 19.03.2004 in der Berliner
Arena in Treptow, übertragen wird wie in jedem Jahr das Erste Deutsche
Fernsehen (ARD). Einschalten lohnt sich.
André Depcke
Links:
[b!] Raab auf Siegels Spuren: Der Vorentscheid zum Eurovision Song Contest im Rückblick
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