brainstorms! dein onlinemagazin.
 bilder     magazin     b!fragt     interaktiv     mail 

 magazin »     unterhaltung  kino+kultur  musik  politik  sport  auto  berliner platz 
   

Die Herrschaft des Feuers

...und die Rückkehr der Drachen auf die Kinoleinwand.

1981 überraschte der bis dahin fast nur für Zeichentrick-Mäuse, Dalmatiner-Babies und tanzende Urwald-Bären zuständige Walt-Disney-Konzern mit "Dragonslayer", einem selbst für heutige Disney-Verhältnisse ungewöhnlich düsteren und melancholischen Fantasy-Werk über den Kampf eines Zauberlehrlings gegen ein blutrünstiges Drachenmonster. "Dragonslayer" dürfte zu den am meisten unterschätzten Filmen des Genres zählen.

Die Drachen legen nicht nur London in Schutt und Asche.
Alle Fotos: Buena Vista
Rob Bowmans "Herrschaft des Feuers" lässt die großen Geschuppten endlich wieder auf die Leinwand zurückkehren, und zwar so, wie der Hardcore-Drachen-Tifoso sie sich immer gewünscht hat: Bedrohlich, gefräßig, peitschenschnell und in der Regel verdammt mies gelaunt. Der "Star Trek – Next Generation"- und "X-Files"-Regisseur verlegte den klassischen Drachentöter-Plot in eine postapokalyptische Zukunft, in der sich die letzten Überlebenden der Menschheit gegen eine Übermacht an feuerspeienden Ungeheuern zu behaupten haben. Die Idee, das Siegfried-von-Xanten-Motiv auf all jene Klischees der Post-Doomsday-Antiutopien treffen zu lassen, bietet vor allem visuell und tricktechnisch einiges an Reiz, verstolpert sich jedoch zu häufig an der eigenen stilistischen Unentschlossenheit sowie den Unzulänglichkeiten des leider hanebüchenen Plots.

Die Story

"Herrschaft des Feuers" beginnt mit einer kurzen Sequenz in der Gegenwart, in der auf sehr stimmungsvolle Weise Märchen, Horror und die Vorahnung des herannahenden Weltuntergangs aufeinandertreffen: Bei Bauarbeiten am Tunnelsystem der Londoner U-Bahn wird eine unterirdische Kammer entdeckt, in der etwas sehr Altes, Hässliches und nach dem unsanften Wecken enorm Hungriges die Jahrmillionen überdauert hat und sich geschwind auf die Suche nach etwas Essbarem macht. Der 11jährige Quinn, der gerade seine als Ingenieurin unter Tage tätige Mutter besucht, ist der einzige Überlebende des flammenden Infernos, in das der mit frischem Schwung aus dem Bett gehüpfte Schuppenträger die U-Bahn-Baustelle mit seiner morgendlichen Maulgymnastik verwandelt. Nachdem dieser sich einmal kräftig gereckt, ein paar Kniebeugen gemacht und die serienmäßig im Rachen eingebauten Flammenwerfer freigepustet hat, macht sich der geflügelte Langschläfer auf die Suche nach etwas Passendem zum Frühstück – und findet es in den sechs Milliarden diesen Planeten bevölkernden Individuen der Gattung Homo sapiens.

Der Held (Christian Bale) sinnt.
Anschließend springt der Film um zwölf Jahre in die Zukunft auf eine nachweltuntergangliche, zerstörte und verbrannte Erde. Der in London befreite Drache hat inzwischen, wie der Zuschauer aus schlaglichtartigen Rückblenden und Zeitungsartikeln erfährt, mitsamt seinen Artgenossen die Welt weitestgehend gegrillt und die Menschheit zu Fondue verarbeitet. Die Zivilisation liegt in Trümmern, Städte existieren nicht mehr, und die letzten überlebenden Menschen haben sich in unterirdische, fest ummauerte Verstecke zurückgezogen, um vor den Flammenstrahlen der neuen, den Planeten dominierenden Spezies sicher zu sein. Der inzwischen erwachsene Quinn hat sich mit einer kleinen Schar Überlebender in einem Schloss in Northumberland verschanzt, wo die fliegenden Schuppenmonster eine permanente Bedrohung für das Überleben der kleinen Gruppe darstellen. Angesichts des Zusammenbruchs jeglicher Infrastruktur leidet die Gruppe bitteren Hunger, und Quinn und sein Stellvertreter Creedy haben alle Hände voll zu tun, Disziplin und Überlebenswillen der verzweifelten Menschen aufrecht zu erhalten.

Zu allem Überfluss steht eines schönen Tages der amerikanische Söldner Van Zan mitsamt seiner schnellen Drachen-Eingreiftruppe vor der Tür. Der draufgängerische Dragon-Buster, der mit Panzern, Harpunen und einem Helikopter den feierspeienden Urviechern zu Leibe rückt, verlangt von Quinn und seiner Anhängerschar, gemeinsam gegen den immer noch im inzwischen größtenteils geplätteten London residierenden Chef-Drachen (nein, nicht Queen Mum!) zu Felde zu ziehen. Der besonnene Quinn, den seit den Ereignissen schwere Schuldkomplexe quälen, weigert sich jedoch, die kleine Schar von Überlebenden seiner Gruppe auf ein Himmelfahrtskommando zu schicken.

Die Darsteller

Die Attraktion des Films bilden eindeutig seine geflügelten, CGI-animierten Hauptdarsteller. Die sind zwar zwecks Spannungsaufbau in der ersten Hälfte der Handlung vergleichsweise selten im Bild, absolvieren aber ihre Auftritte (mit einer ärgerlichen Ausnahme am Schluss) durchweg tricktechnisch rasant und überzeugend. Ansonsten zeugen Ausstattung und Setdesign nicht unbedingt von einem besonders generösen Budget, was jedoch der allgemeinen Endzeitstimmung der postapokalyptischen Szenerie durchaus entgegenkommt. Am meisten überzeugen die von Adrian Biddle ("Aliens", "Event Horizon") rasant festgehaltenen Action-Sequenzen, wenn sich das Anti-Monster-Kammerjäger-Squad aus einem Hubschrauber stürzt, um im freien Fall die Drachen mit Netzen einzufangen und sie anschließend auf der Erde mittels großkalibriger Waffen zu filetieren.

Der Kampf in den Ruinen verlangt alles ab.
Darstellerisch hat "Herrschaft des Feuers" wie kaum anders zu erwarten nichts wirklich Glorioses aufzufahren, bieten doch auch die Charaktere ganz dem trashigen Topos des Films entsprechend nicht viel mehr als blanke Comic Reliefs. Interessant ist allenfalls, wie die Figuren gegen den Strich besetzt wurden: Christian Bale, der in "American Psycho" Prostituierte zerlegte und in "Corellis Mandoline" als herzschmerzgeplagter griechischer Freiheitskämpfer noch kurios fehlbesetzt war, kann sich hier als zögerlicher, von den Harpyien der Vergangenheit gejagter Anführer Quinn durchaus annehmbar in Szene setzen. Gerard Butler, dem vor zwei Jahren das Pech zuteil wurde, in Wes Cravens vergeigtem "Dracula"-Remake den dandyhaften Vampirfürsten mit Latin-Lover-Habitus spielen zu müssen, steht in der Rolle von Quinns Stellvertreter Creedy seinen Mann, während "Golden Eye"-Bond-Girl Izabella Scorupco als unerschrockene Helikopter-Pilotin nicht viel mehr als den Part der Alibi-Quoten-Frau zu erfüllen hat.

Den bizarrsten Eindruck hinterlässt aber sicherlich der einstige Dauer-Softie Matthew McConaughey als Gung-Ho-Draufgänger Van Zan, der sich mit kahlrasiertem Schädel, Ganzkörper-Tattoo und abgelutschtem Zigaretten-Stummel im Mundwinkel wie die völlig überzogene Karikatur Arnold Schwarzeneggers aus "Commando" ausnimmt. "Only thing worse than dragons: Americans", begrüßt Gerard Butler die Ankunft des amerikanischen Hotshots, der im Film mit Sicherheit nicht ganz zufällig beinahe genauso heißt wie der Leadsänger der vor allem in den Südstaaten vergötterten Band Lynyrd Skynyrd.

Die beiden Anführer liefern sich so manches heftige Gefecht.
Dass "Herrschaft des Feuers" trotz der durchaus interessanten Konzeption einer Melange aus klassischem Sagen- und Fantasystoff und Endzeit-Dystopie in bester Mad-Max-Tradition nicht wirklich zu fesseln vermag, resultiert aus drei maßgeblichen Gründen: Zum einen verschießt der Film sein Actionpulver bereits zur Hälfte mit dem phantastischen Luftgefecht der Van-Zan-Truppen gegen die fliegenden Ungeheuer und hat im Finale nur noch einen tricktechnisch mehr schlecht als recht animierten und noch dazu über diverseste Logik-Klippen humpelnden Kampf Mann gegen Drachen zu bieten. Zum zweiten vermag sich "Herrschaft des Feuers" schlussendlich nicht zwischen abgrundtief düsterer Negativ-Utopie und testosteron-getränkter Kick-and-rush-Action voller Mannbarkeits-Rituale, schweißglänzender, muskulöser Oberkörper und markiger Oneliner zu entscheiden. Und zum dritten reißt das Drehbuch selbst für einen a priori ja nicht allzu realistisch gestaltbaren Science-Fiction- und Fantasy-Plot Logik-Abgründe von der Größe eines handelsüblichen Subkontinents auf, über die sogar Flugdrachen ob der unfreiwilligen Komik Lachanfälle bekommen müssen. Immerhin kann "Herrschaft des Feuers" mit einigen hübschen satirischen Anspielungen, unter anderem einer wirklich sympathischen "Star Wars"-Parodie, punkten. Der Rest des Drehbuchs taugt allenfalls als Echsenfutter – up in smoke!

Johannes Pietsch

Links:
Offizielle Film-Website

Kaufempfehlung:
[Audio-CD] »Die Herrschaft des Feuers« [SOUNDTRACK] bei Amazon.de bestellen

frisch und neu
kino
musik
sport
politik
kultur
unterhaltung
bits+bytes
nach oben