brainstorms! dein onlinemagazin.
 bilder     magazin     b!fragt     interaktiv     mail 

 magazin »     unterhaltung  kino+kultur  musik  politik  sport  auto  berliner platz 
   

Interview mit Ildikó von Kürthy

brainstorms-Redakteur Sachar Kriwoj traf Ildikó von Kürthy, Bestseller-Autorin und Journalistin beim »stern«, in Hamburg zum Gespräch. Ihr erster Roman war »Mondscheintarif«. Er wurde auf Anhieb ein Bestseller und fürs Kino verfilmt. 2001 erschien ihr zweites Buch »Herzsprung«. Ihr neuestes Werk heißt »Freizeichen«.

brainstorms: Ihre Bücher gelten als Frauenromane. Schreiben Sie für Frauen?

Ildikó von Kürthy: Ich schreibe für mich. Ich überlege nie, für wen ich schreibe und ob es jemandem gefallen wird. Es purzelt einfach aus mir heraus, es macht mir Freude.

Jede Frau hat irgendwann Dellen in den Oberschenkel

brainstorms: Aber Frauen erkennen sich in Ihren Büchern wieder?

Ildikó von Kürthy: Ja, weil ich über Dinge schreibe, die jede Frau kennt oder irgendwann kennenlernt. Jede Frau hat früher oder später Dellen in den Oberschenkel, und jedes weibliche Badezimmer sieht gleich aus, da sind hunderte verschiedene Cremés gegen Falten, und ich habe das Glück, das, was alle kennen, in Worte fassen zu können.

brainstorms: Haben Sie sich nicht mal überlegt, über einen Mann zu schreiben?

Ildikó von Kürthy: Nein. Ich glaube, das könnte ich auch nicht so gut. Woher denn auch? Ich bin ja an Frauen viel näher dran. ich weiß nicht, ob ich den Mann, den ich zur Hauptfigur machen würde, auch treffend beschreiben könnte. Es kann sein, dass ein Mann in einem meiner nächsten Bücher eine größere Rolle als die bisherigen spielen wird. Aber ich bin da wirklich unsicher und habe Angst davor, daneben zu liegen.

brainstorms: Wie kommt es, dass es Serien wie "Sex and the city" und Bücher wie Ihre gibt, die auf Frauen ausgerichtet sind und für Männer der Markt unbedeckt bleibt?

Ildikó von Kürthy: Das kann auf jeden Fall kein Zufall sein. Ich glaube, dass es daran liegen könnte, dass Männer nicht besonders viel über sich lesen und nachdenken wollen. Frauen können in der Regel auch besser über sich selber lachen. "Ich sehe unterm Hintern aus wie Ilja Rogoff unter den Augen", das würden Männer niemals komisch finden. "Coupling" war doch eine Serie, die auch auf Männer ausgerichtet war, aber ich glaube, die ist bei Männern nicht so gut angekommen - zumindest nicht bei meinem.

Der perfekte Mann darf nicht perfekt sein

brainstorms: Wie sieht der perfekte Mann aus?

Ildikó von Kürthy: Also perfekt soll er nicht sein. Wenn er perfekt wäre, hätte man ja nichts mehr, woran man arbeiten könnte. (lacht) Man möchte ja als Frau einen Mann auch verbessern und ummodeln.

brainstorms: War es früher leichter ein Mann zu sein?

Ildikó von Kürthy: Bestimmt. Früher war es klar, der Mann war der Ernährer. Heute müssen Männer viel mehr können. Sie müssen einfühlsam sein, sie dürfen vielleicht auch mal weinen, aber müssen trotzdem immer dabei männlich bleiben. Jungs, die heute heranwachsen, wissen gar nicht, was ihre zukünftige Aufgabe als Mann ist, die haben es echt schwer.

brainstorms: Wozu braucht Frau Männer dann überhaupt noch?

Ildikó von Kürthy: Um sie zu lieben.

"Freizeichen" verbindet das Beste aus den ersten zwei Büchern

brainstorms: Sind Sie mit Ihrem neuesten Werk "Freizeichen" zufrieden?

Ildikó von Kürthy: Ich mag es sehr gerne. Wenn ich es jetzt, da es frisch gedruckt ist, mir anschaue, es durchblätter, dann sieht es doch gut aus. Ganz ansprechend. Ich war guter Dringe beim Schreiben. Es ist ein fröhliches Buch geworden. Es handelt viel von den Leuten, die ich liebe, an denen mir etwas liegt, und es ist dann immer schön, sie wiederzuentdecken.

brainstorms: Welches Ihrer drei Bücher mögen Sie denn am liebsten?

Ildikó von Kürthy: Das ist, wie wenn Sie eine Mutter fragen, welches ihrer Kinder sie am liebsten mag. Wobei (macht Pause): "Mondscheintarif" ist so rührend. Ich kann es immer noch nicht glauben, dass dieses Werk, dass ich ohne jegliche Erwartungshaltung einfach so geschrieben habe, so ein großer Erfolg geworden ist. Für "Herzsprung" wurde ich auch schon mal kritisiert, und ich verstehe auch warum: Die Protagonistin bewegt sich in Prominentenkreisen. Man kann sich nicht so einfach mit ihr identifizieren. Ich denke, oder besser ich hoffe, dass ich das Beste aus den ersten zwei Büchern in "Freizeichen" vereinigen konnte.

brainstorms: Was ist denn an Freizeichen anders als bei Ihren anderen Werken?

Ildikó von Kürthy: Freizeichen hat so viel Handlung wie Herzsprung und so viel Identifikationspotential wie Mondscheintarif. Ich denke, meine Leserschaft wird sich in Freizeichen sauwohl fühlen

brainstorms: Cora Hübsch, Hauptfigur aus "Mondscheintarif", taucht in "Freizeichen" wieder auf. Wie sind Sie auf diese Idee gekommen?

Ildikó von Kürthy: Das kam irgendwie durch eigene Rührung. Also erstens mag ich es selbst furchtbar gerne, alten Bekannten zu begegnen, die man ewig nicht gesehen hat. Und dann wollte ich mich auch nicht so ganz von Cora trennen, einfach mal wieder ein paar Stunden mit ihr verbringen. Und ich denke, dass die, die Cora Hübsch aus "Mondscheintarif" kennen, sich darüber freuen werden, und alle Anderen stört es ja nicht.

brainstorms: Wieso haben Sie nicht einfach eine Fortsetzung von "Mondscheintarif" geschrieben?

Ildikó von Kürthy: Es fällt mir zwar immer schwer, mich von meinen Heldinnen zu trennen, aber der Reiz, beim nächsten Buch eine ganz neue Geschichte und ganz neue Charaktere zu erfinden ist größer, als der Abschiedsschmerz von den vertrauten Personen.

Ich liebe meine Figuren

brainstorms: "Freizeichen" ist fröhlicher als noch "Mondscheintarif" oder "Herzsprung". Wie kommt das?

Ildikó von Kürthy: Bei den ersten zwei Werken habe ich noch abends geschrieben, aber bis Harald Schmidt war ich dann immer fertig. Für "Freizeichen" habe ich mir extra Urlaub genommen, bin nach Mallorca in das Haus, übrigens ein ganz tolles Haus, von Freunden gefahren. Mein Mann hat mir morgens meine Schokoriegel an den Computer gelegt, dann habe ich etwa drei bis vier Stunden geschrieben, und dann ging es in die Sonne. Ich dachte, dass ich eigentlich nur abends im Winter schreiben könnte, wenn man ohnehin nichts machen kann. Vielleicht hat ja die Sonne Mallorcas abgefärbt.

brainstorms: Erneut kommt es zu einem Happy-End in Ihrem Buch.

Ildikó von Kürthy:Wer mich kennt, weiß, dass ich kein schlechtes Ende etragen könnte. Ich liebe ja auch meine Figuren und wünsche Ihnen alles Gute. Wieso soll ich Ihnen da etwas Negatives andichten?

brainstorms: Ist es aber nicht schon ein Eingeständnis an Ihre Leserschaft, dass die Welt nicht rosarot ist, wenn Cora Hübsch wieder auftaucht und davon berichtet, dass sie ihren Dr. Daniel Hoffmann betrogen hat?

Ildikó von Kürthy: Das war mir beim Schreiben so gar nicht bewusst. Cora und Daniel waren für mich dann doch schon so weit weg, dass ich das anscheinend ganz gut ertragen konnte. Da gab es für mich nur Annabell und "Supperbenni". Und um deren Glück musste ich mich kümmern. Belle darf einmal einen anderen küssen. Und da habe ich mir schon schwer getan.

brainstorms: Ihre Bücher bestechen ja nicht nur durch die Handlung sondern auch durch Lebensweisheiten, Tipps, Erfahrungsberichte. Bauen Sie ihre Handlung um diese Essenzen auf oder umgekehrt?

Ildikó von Kürthy: Ich schreibe einfach los, und es passiert. Einige Themen überlege ich mir vor dem Schreiben. Dann lade ich Freunde ein, wir sitzen beisammen nach einem guten Essen und diskutieren über Rache, Eifersucht oder Treue, und ich lasse mich inspirieren. Und auch meine Handlung ist nicht geplant. Abends saß ich mit meinem Mann auf Mallora und habe ihm von meinem Tag und vom Tag der Annabel ganz begeistert erzählt, was sie alles erlebt hat.

So langsam mag ich Johannes B. Kerner

brainstorms: In Ihren Büchern kommen ja realtiv häufig Prominente vor. Nach welchen Kriterien suchen Sie sie aus?

Ildikó von Kürthy: Also erst einmal müssen diese Leute von der Allgemeinheit gekannt werden. "Freizeichen" spielt ja auf Mallorca. Da habe ich mir überlegt, wer denn dort mit hundertprozentiger Sicherheit auch noch in ein paar Jahren wohnt. Bei Claudia Schiffer war ich mir nach ihrer Hochzeit nicht mehr sicher, und auch Boris Becker hat mit seiner Finka irgendwelche Probleme, also habe ich Michael Douglas genommen. Und Udo Walz, der in seiner Rolle als Friseur auftritt.

brainstorms: Johannes B. Kerner kommt ja gar nicht mehr vor.

Ildikó von Kürthy: Stimmt. In den ersten zwei Büchern habe ich ihn noch recht spöttisch erwähnt. Aber so langsam fange ich an, ihn zu mögen. Verona Feldbusch hingegen bietet sich nach wie vor an für abfällige Bemerkungen. Bei "Freizeichen" kommen allerdings sehr viel weniger Promis als noch bei "Herzsprung" vor.

brainstorms: Gab es auch schon Promis, die sich beschwert haben, dass Sie bei Ihnen noch nicht vorgekommen sind?

Ildikó von Kürthy:(lacht). Nein, so etwas ist noch nicht passiert. Und es gab auch noch keine Beschwerden, dass die Charaktere falsch von mir beschrieben wurden. Wenn Verona ein wenig cool ist, wird sie sich selbst in "Herzsprung" spielen, sofern es verfilmt wird.

Das richtige Kleid ist wie ein verlängertes Wochenende Kohlsuppendiät

brainstorms: Sie schreiben ja auch häufig über Marken. Leben wir in einer markenfixierten Welt?

Ildikó von Kürthy: Irgendwie schon. Das beginnt ja schon in der Schule bei Kindern, die gerade mal zehn oder zwölf sind, die schon ein bestimmtes Label tragen wollen. Ich glaube nicht, dass Marken Frauenleben bestimmen, ich denke, sie wollen einfach gut aussehen, und dazu gehören eben auch Schminke oder Kleider. Meine Erfahrung ist aber, dass Markenkleider einen schlanker machen. Ein Kleid, das sitzt, hat denselben Effekt wie ein verlängertes Wochenende Kohlsuppendiät.

brainstorms: Sie glauben an die Kohlsuppendiät?

Ildikó von Kürthy: Absolut. Ich habe es ausprobiert und bin begeistert davon. Sie schmeckt mir, und ich mag es ja viel zu essen, und da konnte ich so viel essen und habe trotzdem noch abgenommen. Wunderbar.

brainstorms: Sie nehmen den Verzicht auf sich?

Ildikó von Kürthy: Nur phasenweise. Zum Beispiel kommt es vor, dass ich drei Monate gar nichts trinke, und dann wieder fast jeden Abend, weil es mir einfach so gut schmeckt. Genauso ist es mit Schokolade. Wenn dann richtig. Aber wenig oder moderat, das ist nicht mein Ding.

Man darf sich in einer Beziehung nicht verstellen

brainstorms: Wieso schreiben Sie nicht mal über eine konventionelle, funktionierende Beziehung?

Ildikó von Kürthy: Wenn man mit der richtigen Frau zu tun hat, ist nichts uninteressant. Aber wenn ich einen Roman schreibe, der von Seite 1 bis 250 geht, dann brauche ich einen Grund, eine besondere Geschichte und auch ein Ende. Außerdem baue ich ja in meine Bücher auch immer Rückblenden ein, die von mehr oder weniger funktionierenden Beziehungen erzählen.

brainstorms: Gibt es in einer Beziehung Regeln, an die man sich unbedingt halten muss?

Ildikó von Kürthy: Man muss unbedingt "man selbst" sein und sich nicht verstellen. Man will ja dafür geliebt werden, wan man wirklich ist. Und außerdem ist man eigentlich immmer besser als das, was man versucht zu sein.

brainstorms: Was ist schwieriger: Einen Mann zu finden oder ihn zu behalten?

Ildikó von Kürthy: Beides hat seine Tücken. Um den richtigen Mann zu finden, ist man natürlich vielmehr auf Gottes Gnade angewiesen, einen Mann zu behalten, da muss man selbst investieren. Man muss, um den richtigen Mann zu finden, immer die Augen offenhalten und natürlich Glück haben.

Man weiß nach dem ersten Kuss, ob es DER Richtige ist

brainstorms: Was meinen Sie, wann merkt man, dass der Partner, den man hat, auch DER Partner ist?

Ildikó von Kürthy: Meine Erfahrung ist, dass man das sofort weiß. Wenn eine Beziehung nach vier Wochen scheitert, dann konnte man das nach dem ersten Kuss absehen. Wenn Beziehungen nach Jahren auseinander gehen, dann war da ja Liebe vorhanden, sonst hätten sie nicht so lange gehalten. Das ist wie bei einem Auto. Man merkt sofort, ob man das Auto lange fahren wird, oder ob es ein Notkauf war. Ich habe mir vor kurzem ein Auto gekauft, da wusste ich, das ist es.

brainstorms: Welches, wenn man fragen darf?

Ildikó von Kürthy:strahlt Ein Mini.

brainstorms: Was ist der Schlüssel zu einer funktionierenden Beziehung?

Ildikó von Kürthy: Liebe. Natürlich kann eine Beziehung auch scheitern, wenn man sich liebt. Aber eine Beziehung, in der die Liebe fehlt, ist zum Scheitern verurteilt. Man kann auch nicht daran arbeiten, sich zu lieben.

brainstorms: Und die Liebe muss sofort da sein, oder kann sie auch erst im Laufe einer Beziehung entstehen?

Ildikó von Kürthy: Das ist wie mit dem Singen. Das Talent muss da sein. Und so ist es auch mit der Liebe. Die Veranlagung, die Bereitschaft, sich zu lieben, muss vorhanden sein. Wenn meine keine Stimme hat, wird man niemals Placido Domingo werden. Und wenn man jemanden nicht lieben kann, dann wird eine Beziehung nicht funktionierern.

brainstorms: Glauben Sie nicht, dass irgendwann der Punkt erreicht werden könnte, an dem ihre Leserinnen sagen, dass sie keine Lust mehr auf Frauenromane haben?

Ildikó von Kürthy: Vielleicht wollen sie irgendwann mich nicht mehr lesen, was ich natürlich nicht hoffe! Aber ich denke, sie werden immer diese Art von Geschichten lesen wollen.

brainstorms: Sie gelten als die "deutsche Antworrt auf Helen Fielding", die Bridget Jones schrieb. Nerven Sie Vergleiche dieser Art?

Ildikó von Kürthy: Ach, ich weiß nicht so recht. Als ich den zweiten Bridget Jones-Band gelesen habe, war ich furchtbar enttäuscht. Ich habe den ersten Band genossen, Tränen gelacht, und das war auch wichtig für mich. Dieses Buch hat mich in gewisser Weise dazu inspiriert, "Mondscheintarif" so zu schreiben, wie ich es geschrieben habe. Aber ich denke, dass ich durch "Herzsprung" und nun auch durch "Freizeichen" mich emanzipiert habe. Aber klar, wenn man einen Vergleich sucht, dann passt der zu Helen Fielding sehr gut.

Deutschland sucht den Superstar hat mich gefangen

brainstorms: Sie sollen mal gesagt haben: Wenn es nichts Gutes im Fernsehen gibt, dann schreibe ich.

Ildikó von Kürthy: Ja, das stimmt. Ich schaue gerne Filme, niemals Soaps. "Deutschland sucht den Superstar" hat mich irgendwann gefangen. Wenn ich Promintente, die ich selbst schon interviewt habe, in Talkshows entdecke, dann schaue ich mir die natürlich gerne an. Was mich überhaupt nicht erreicht, sind diese Krawallshows mit dem Motto "Ich habe die Oma meiner Schwester geschwängert und bin stolz darauf". Das finde ich furchtbar. Ich verstehe ja, dass die Leute sich selber sehen wollen, aber man muss das nicht auf die Spitze treiben. Ich denke nicht, dass Big Brother noch mal funktionieren wird, auch wenn das Konzept geändert wurde. Das finde ich einfach langweilig. Leuten beim Leben zuschauen. Wie arm muss das eigene Leben sein, wenn man anderen beim Langweilen zuschaut?

brainstorms: Wird denn eine zweite "Superstars"-Staffel funktionieren?

Ildikó von Kürthy: Ja, das Konzept ist einfach super. Da kann man mitfiebern, da ist Konkurrenz im Spiel, und die Teilnehmer können ja auch was. Eine dritte Staffel, denke ich, würde dann nicht mehr hinhauen. Alex wird immer der Größte unter den Superstars sein, wie die "No Angels" immer die ersten und größten Popstars sein werden.

brainstorms: Trauen Sie ihm denn lang anhaltenden Erfolg zu?

Ildikó von Kürthy: Ein paar Jahre wird er es schon schaffen. Aber wer hat heute schon lange Erfolg? Dieter Bohlen. Aber der schafft es auch darum, weil er sich mit dem Konzept der Superstars nicht zu schade ist, sich in die zweite Reihe zu stellen. Aber Leute wie Grönemeyer oder die Rolling Stones, die einen über Jahrzehnte begleiten, die gibt es heute kaum oder gar nicht mehr. Und das kann so ein Langweiler wie Alex niemals schaffen.

brainstorms: Sind die Medien daran schuld?

Ildikó von Kürthy: Ich finde das ja nicht schlimm. Das ist nunmal die Entwicklung. Man will Abwechslung haben, und die Möglichkeit bietet sich. Außerdem wird ein Alex sofort an die Spitze gespült. Thomas Gottschalk zum Beispiel hat an seiner Karriere gearbeitet, als Diskjockey begonnen, dann ist er ins Regionalfernsehen gegangen und hat irgendwann erst mit "Wetten dass" die Spitze erreicht. Da konnte er lernen. Alex muss sofort alles geben.

brainstorms: Also können Karrieren heutzutage gar nicht mehr lange anhalten?

Ildikó von Kürthy: Vielleicht. Es sieht danach aus, als ob man auftaucht, alles abgrast, mitnimmt, was es zu holen gibt, sich für nichts zu schade ist, weil man weiß, dass man nicht lange hat und dann wieder abtaucht.

brainstorms: Das dachte man von Verona Feldbusch auch, und sie ist immer noch da.

Ildikó von Kürthy:Verona ist wirklich ein Phänomen. Ihr hat man gleich gesagt, dass sie keine Zukunft haben würde, und sie hat sich trotzdem gehalten. Ich denke, dass sie nun so langsam von der Bildfläche verschwinden wird. Aber das wird sie auch wissen, sonst wäre sie nicht schwanger geworden. Sie ist ja eine sehr clevere Frau, die nichts dem Zufall überlässt.

Ich habe großen Respekt vor dem Fernsehen

brainstorms: Ihr Name ist inzwischen relativ bekannt, Ihr Gesicht hingegen weniger. Wieso sieht man Sie so selten im Fernsehen?

Ildikó von Kürthy:Ich bin vorsichtig, was Fernsehen angeht. Fernsehen würde mir eine andere Form der Berühmtheit bescheren, als die, die ich momentan genieße. Mein Name wird, so wie es ist, mit meinen Büchern verbunden, und ich finde das auch gut so.

brainstorms: Wenn Gottschalk Sie zu "Wetten dass" einladen würde...

Ildikó von Kürthy: ...Dann würde ich erstmal vor Schreck in Ohnmacht fallen. Ich bin nicht so bescheiden, dass ich unbekannt bleiben möchte, aber wenn ich mir vorstelle, dass mir 13 Millionen zuschauen - hui, davor hätte ich schon sehr, sehr viel Respekt.

brainstorms: Wie würden Sie sich selbst beschreiben, wenn Sie einen Artikel über sich selbst schreiben müssten?

Ildikó von Kürthy:(überlegt lange)Man ist ja immer so viel. Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Was meine Arbeit angeht, habe ich einen guten Riecher und eine gute Beobachtungsgabe. Ich kann Menschen relativ schnell ziemlich gut einschätzen.

brainstorms: Und privat?

Ildikó von Kürthy: Ich bin sehr Ich-fixiert. Und ich mag es auch bei anderen Menschen, dass sie Ich-fixiert sind. Also, dass sie auf mich fixiert sind. Wenn man seine Ruhe haben will, dann hat man es mit mir nicht sehr gut. Ich bin ein ziemlich lauter Mensch, ich mache ständig irgendwelche Geräusche. Ich habe tolle Freunde, und das finde ich auch an mir toll, dass ich eben diese Freunde habe. Ich bin sehr häuslich, ich liebe Weinachtsdekoration. Die hole ich schon kurz nach dem Sommer aus und bereite sie für die Weihnachtszeit vor. Ich bin bequem. Ich liebe Hunde, aber keine kleinen Hunde sondern richtige Hunde. Ich liebe die neue Tiramisu-Schokolade, aber jetzt gerade habe ich aufgehört, Schokolade zu essen. Ich könnte das ewig fortsetzen.

brainstorms: Ist Ihr Leben Ihr Traum?

Ildikó von Kürthy: Ja, in gewisser Weise schon. Ich arbeite beim Stern, ich schreibe Bücher, ich habe einen Mann und Freunde. Da fehlt nichts zum Glück.

Ich bin treu

brainstorms: Zieht es sie nicht weg aus Hamburg?

Ildikó von Kürthy: Nein, ich bin sehr treu. Treu was Städte, Menschen oder auch Feuchtigkeitscremes angeht. Wenn ich das Richtige gefunden habe, dann bleibe ich dabei. Ich habe ja sogar schon Probleme damit, innerhalb Hamburgs umzuziehen.

brainstorms: Was machen Sie denn, wenn Sie mal nicht schreiben?

Ildikó von Kürthy: Ich werde von meinem Mann bekocht, ich muss nicht mehr selber kochen, was sehr angenehm ist. Ich liebe es, auf dem Sofa zu liegen, fernzusehen und gleichzeitig eine Zeitschrift durchzublättern, in der Landhäuser abgebildet sind und dazu Schokoriegel zu essen. Ich sehe meine Freunde häufig, wir laden sie gerne zum Essen zu uns nach Hause ein.

brainstorms: Was war das schönste Geschenk, das Sie jemals bekommen haben?

Ildikó von Kürthy:(strahlt über das ganze GesichtBrummi. Da war ich vier. Und Brummi war ein großer Teddy. Heute habe wirklich großes Glück, einen Mann zu haben, der richtig tolle Geschenke macht. Keine Küchengeräte oder Gutscheine für Kosmetikbehandlungen oder ähnliches blödes Zeug. Als ich meinen zweiten Roman beendet habe, schenkte er mir ein großes, in rotes Leder gebundenes Album, und vorne stand in Goldlettern geprägt "Herzsprung". Und da hat er alles reingeklebt: Meiner ersten Entwürfte, Lesungsankündigungen, Coverentwürfe, Fotos von mir, Ausschnitte aus Zeitungen. Das war ein wunderbares Geschenk. Eins von vielen.

Das Interview führte Sachar Kriwoj

Links:
[b!] 3× »Freizeichen« bei brainstorms zu gewinnen!
[b!] Buchbesprechung »Mondscheintarif«

Kaufempfehlungen:
[Buch] »Freizeichen« bei Amazon.de bestellen
[Buch] »Mondscheintarif« bei Amazon.de bestellen
[Buch] »Herzsprung« bei Amazon.de bestellen

frisch und neu
kino
musik
sport
politik
kultur
unterhaltung
bits+bytes
nach oben