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Kill Bill Vol. IQuentin Tarantino ist nicht irgendein Regisseur. Er ist der Regisseur. Darum ehren wir ihn mit zwei Rezensionen zu seinem vierten und aktuellen Film "Kill Bill." Kill Bill: Volume IEine schwarze Leinwand. Unterdrückter Atem keucht aus den Lautsprechern. Umblende. Nahaufnahme von Uma Thurman's blutverschmiertem Gesicht. Die angsterfüllten, weit aufgerissenen Augen sind auf ihren Peiniger gerichtet, der ihr das Blut mit einem weißen Taschentuch vom Gesicht wischt. Darauf ist in roten Buchstaben der Name "Bill" gestickt. "Findest Du mich sadistisch?", fragt Bill (David Carradine). Schweigen. "Nein, das bin ich in meinem masochistischsten Moment.", sagt er und richtet seinen Revolver auf sein Opfer, welches, wie wir jetzt sehen, in einem Brautkleid auf dem Boden liegt – offensichtlich hochschwanger. "Es ist Dein Bab...", fängt sie an. Doch Bill bringt sie mit einer Kugel zum Schweigen. "Bang Bang (My Baby Shot Me Down)", Nancy Sinatras Stimme erklingt. Vorspann.
Geteilt in zwei Filme (Volume 2 kommt nächsten Februar ins Kino) spielt "Kill Bill. Volume 1" mit den meisten bekannten Filmideen: Aufgewacht aus einem vierjährigen Koma zieht die todgeglaubte Braut (Uma Thurman) aus, um Bill, Kopf eines Killerkommandos, zu töten. Doch zuerst schreibt sie eine "Todesliste". Fest entschlossen zuerst seine Schoßhunde (u.a. Daryl Hannah und Lucy Liu) einen nach dem anderen zu erledigen, bevor sie ihre tödliche Aufmerksamkeit voll und ganz auf Bill richtet. Warum sie nicht gleich mit ihm selbst abrechnet, lässt sich leicht erklären: Erstens weiß sie nicht, wo er sich aufhält. Zweitens ist es ein Samuraifilm – also eine Frage der Ehre, die völlig und nicht nur teilweise wiederhergestellt werden muss. Und drittens und letztens müssen wir der Realität ins Auge sehen, dass Logik in einem Film voller fantastischer Schwertkampfszenen keinen Platz hat – nicht wenn sie einen verdammt guten und blutigen Showdown verhindern würde – oder zehn.
Also alles beim Alten? Keineswegs. "Kill Bill: Volume 1" setzt sich durch seine ungewöhnliche Mischung verschiedener Genres klar von den anderen Tarantino-Filmen ab. Dazu trägt auch der außergewöhnliche Soundtrack bei. Er gibt dem Film auf geniale Weise seinen markanten Rhythmus. Die Songs reichen von Nancy Sinatra, über Stücke von Bernhard Herrmann (Lieblingskomponist Alfred Hitchcocks), Isaac Hayes (Soundtrack zu "Shaft") bis hin zu japanischem Garagen-Rock von "5678". Abgerundet wird das Ganze durch einige wenige neue Stücke von Wu-Tang-Clan-Produzent The RZA. Zudem sieht man von Bill nur die Hände – bis zum Schluss von Volume 2. Was uns zu der viel kritisierten Entscheidung führt, den Film in zwei Teile zu teilen und nacheinander in die Kinos zu bringen. Aber das ist kein Grund zur Panik. Volume 1 steigert sich zwar stetig bis zu seinem vorläufigen Höhepunkt, lässt den Zuschauer aber mit dem unbändigen Verlangen zurück, unbedingt Volume 2 sehen zu wollen. Insbesondere, weil wir bis zum Ende des Films weder den Namen der Heldin noch ihre Vorgeschichte kennen. Quentin Tarantino selbst sieht "Kill Bill: Volume 1" nicht als Film, sondern als ein "Ereignis". Er wünscht sich ein Kinopublikum, das während des ganzen Films vor Aufregung stehen bleibt. Und wisst Ihr was? Sein Traum könnte in Erfüllung gehen. Urteilt selbst. Christoph Mädge Kill Bill: Volume ISechs Jahre nach "Jackie Brown" und fast ein Jahrzehnt nach "Pulp Fiction" ist er nun also in den Kinos: der von vielen sehnlich erwartete vierte Film von Quentin Tarantino. Der ist nun während des Drehs auf insgesamt über drei Stunden Spielzeit angewachsen, weswegen man ihn – der einfacheren Konsumierbarkeit und der besseren Vermarktung wegen und ohnehin ganz auf der Höhe der Zeit – in zwei Teilen auf die Leinwand bringt.
Was folgt, ist ein einziger Rachefeldzug, den man in gewohnter Tarantino-Manier in zerschnipselten Häppchen (wobei die Komplexität zumindest in Teil 1 jedoch nicht im Entferntesten an die von "Pulp Fiction" heranreicht), Bildern mit Lust am Style-Overkill (ein Abschnitt wird komplett als Manga erzählt!) und mit dem wohl tollsten Soundtrack des Jahres vorgesetzt bekommt. So weit, so zu erwarten, so wunderbar. Was nicht ganz so zu erwarten und keineswegs wunderbar ist, ist jedoch die zynische Geschmacklosigkeit, die sich der Film offenbar selbst zum Ziel gesetzt hat und in der ohne Ende Körperteile durch- oder abgetrennt und en passant (und storytechnisch völlig überflüssigerweise) auch noch Pädophilie und die Vergewaltigung von Koma-Patienten mitgenommen werden, während die an sich großartige Besetzung im Kunstblut absäuft. Immerhin, die letzten Worte des Streifens versprechen eine interessante Wendung für den zweiten Teil und lassen leise Hoffnung aufkommen, dass "Kill Bill" als Gesamtwerk schließlich doch noch die Kurve kriegt und den hohen Erwartungen gerecht wird. Friedrich Reip Link: |
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