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Ron Sommer tritt zurück - Die Politik und der Fall Telekom

Rücktritt eines Managers: Die Telekom, der Kanzler und der Wahlkampf

Er hat heute aufgegeben: Am späten Dienstagnachmittag zog der bisherige Telekom-Vorstandsvorsitzende Ron Sommer die Konsequenzen aus der quälenden Diskussion der vergangenen Wochen um seine Person und erklärte seinen Rücktritt. Der ehemalige Aufsichtsratschef Helmut Sihler soll ihm für eine sechsmonatige Übergangszeit nachfolgen. Mit Sommer geht bei der Telekom eine Ära zu Ende, die lange Zeit einer einzigartigen Erfolgsgeschichte glich.

Als die teilprivatisierte Deutsche Telekom, der ehemalige Staatskonzern, im November 1995 an die Börse ging, galt das Papier dank eines geschickten Marketingkonzepts als "Volksaktie". In der Bundesrepublik brach eine regelrechte Börseneuphorie aus, in deren Verlauf auch die T-Aktie den eigenen Ausgabepreis fast verdoppeln konnte. Sommer, der bereits im Alter von 21 Jahren in Mathematik promovierte, betrachtete diese Entwicklung natürlich nicht ohne Stolz, war doch der Erfolg der Telekom maßgeblich mit seiner charismatischen Persönlichkeit verbunden.

Auch der Bund als größter Anteilseigner sonnte sich lange im Glanz des brillianten Managers und ließ ihn bei diversen Zukäufen in der ganzen Welt oder auch beim UMTS-Poker gewähren. Doch je stürmischer die Zeiten für die gesamte Telekommunikationsbranche wurden und auch die Telekom in wirtschaftliche Bedrängnis geriet, desto energischer meldete sich der Bund konzernintern zu Wort. Als der Aktienkurs jetzt fast ins Bodenlose fiel und die Aktionäre schon laut murrten, entzogen der Kanzler und sein Finanzminister Sommer ihre Unterstützung. Zuvor hatte auch Kanzlerkandidat Stoiber lautstark gefordert, dass bei der Telekom und mit Sommer etwas passieren müsse.

Doch wäre der fatale Eindruck, die Regierung hätte ihren ganzen Einfluß geltend gemacht, um den Aufsichtsrat zur Entlassung Sommers zu bewegen, auch entstanden, wenn nicht der Wahlkampf allen Beteiligten den klaren Blick vernebelt hätte?

Die Antwort fällt klar aus: Nein. Denn ohne den Wahlkampf hätten sich weder Kanzler noch Kanzlerkandidat nie zu solch einer Intervention hinreißen lassen. Der staatliche Eingriff in die Personalsouveränität der Telekom, einem unabhängigen Unternehmen, stellt eine Einzigartigkeit dar. Leider eine negative, schließlich wurde die Telekom gerade deswegen privatisiert, um losgelöst vom Staat frei auf dem Weltmarkt agieren zu können. Formal haben natürlich der Vorstand und der Aufsichtsrat Sommer zur Demission gezwungen, doch hinter den Kulissen soll es Druck von außen gegeben haben.

Dies sollte allen Beteiligten zu Denken geben. Wann und wobei muss, soll, darf, kann der Staat intervenieren? Das unwürdige Ränkespiel um Sommer schadet der Telekom, erschüttert aber auch das Vertrauen in den Standort Deutschland insgesamt. Kurzfristige Wahlkampferwägungen sollten jedenfalls bei solchen Entscheidungen keine Rolle spielen. Dies gilt für den Kanzler und seinen Herausforderer.

Stefan Ewert

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