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Spiegel-Jahrbuch 2003Das neue Jahrbuch 2003 von Spiegel und dtv - eine Renzension Zusammen mit dem Deutschen Taschenbuch Verlag (dtv) legt die Spiegelredaktion ein in großen Teilen neu konzipiertes Jahrbuch vor, das sich von seinem Vorgänger, dem "Spiegel-Almanach", in Form und Inhalt deutlich unterscheidet. Entstanden ist auf diese Weise ein zumeist ausführliches und fundiertes Nachschlagewerk, das den bisherigen Standardwerken wie dem Fischer Weltalmanach oder dem Harenberg-Lexikon sicherlich Konkurrenz machen wird, wegen gravierender Ärgernisse insgesamt jedoch nicht an sie heranreichen kann. "Die Welt in Zahlen, Daten, Analysen" wollen die selbstbewußten Herausgeber liefern. Dazu griff man vorwiegend auf die Datensammlungen von OECD, Uno, Weltbank und IWF zurück, womit Aktualität, Qualität und Vergleichbarkeit gewährleistet werden sollen. Ehrlicherweise geben die Verfasser zu, lieber keine Angaben zu machen, als auf nicht verlässliche Daten zurückgreifen zu müssen. Das Werk beginnt mit einer knappen, aber informativen "Chronik" der Monate September 2001 bis zum August 2002. Als Einstieg und erster allgemeiner Überblick über die weltweiten Geschehnisse leitet dieses Kapitel über zu einem Tabellenteil ("Die Welt in Zahlen"), in dem alle Staaten alphabetisch mit ihren wichtigsten demographischen und wirtschaftlichen Daten aufgelistet werden. Es folgt das Kapitel "Die Länder der Welt von A(fghanistan) bis Z(ypern)", das sehr detaillierte Angaben zu Geographie, Bevölkerung, politischem System, Militär, Gesundheit/Soziales/Bildung, Wirtschaft, Verkehr, Umwelt/Tourismus und aktueller Entwicklung liefert. Diese Daten sind jedoch nicht bei allen Ländern so umfangreich angegeben. Dieser Teil des Jahrbuchs besticht durch seine Ausführlichkeit und seinen Informationsgehalt, wobei ein gravierender Nachteil zu beklagen ist: Die überblicksartigen Ländertexte sind lexikonuntypisch trotz ihres insgesamt guten Gehalts recht flapsig und bisweilen sogar wertend geschrieben. So heißt es in einem - bewusst politischem - Porträit über Edmund Stoiber zum Verhältnis SPD/CDU: "Die Politik der beiden großen deutschen Lager unterscheidet sich ja höchstens in Nuancen und im Personal." Hier zeigt sich offenbar die journalistische Ader der Spiegelautoren, die über das reine Faktensammeln hinaus in den Kommentar abgleitet.
Den leider höchst ärgerlichen Abschluss des Buches bilden zwei biographische Kapitel: Zunächst werden die politischen, sportlichen und kulturellen "Personen des Jahres" porträtiert, wobei auch hier ein eher journalistischer, jedoch oberflächlicher Stil überwiegt. Sehr schwach ist die Konzentration auf fast ausschließlich deutschsprachige "Prominenz", weshalb u.a. anderem wichtige internationale Personen wie etwa der Literaturnobelpreisträger Naipaul oder bedeutende Staatschefs fehlen. Stattdessen finden sich Persönlichkeiten wie Thomas Borer oder Shakira, die in einem ernsthaften Lexikon eher am Rande (wenn überhaupt) auftauchen sollten. Möglicherweise wurde die Auswahl gerade deswegen zur Unterscheidung von ähnlichen Kompendien gewählt, die Qualität des Buches wird erheblich gemindert. Ähnlich schwach ist das Kapitel "Todesfälle": Wer kompakte und präzise Biographien verstorbener Persönlichkeiten erwartet, wird enttäuscht. Man findet dagegen kurze, z.T. aber wenig aussagekräftige und oft sogar schnippische Porträits, die eher Kommentaren gleichen. Den bedeutenden Politiker Richard Stücklen z.B. nur auf seinen Disput mit Joschka Fischer zu reduzieren, ist geradezu blamabel. Fazit: Dem Spiegel ist es mit dem neuen Jahrbuch 2003 (noch nicht) gelungen, zu den Klassikern der modernen Nachschlagewerke vorzudringen. Das Buch ist zwar sehr informativ, ausführlich und übersichtlich, doch die Schwächen im biographischen Teil sind unübersehbar und nicht mit den hohen Ansprüchen der Autoren in Einklang zu bringen. Ein Blick hinein lohnt sich wegen der gutaufgearbeiteten Datenfüllen trotzdem. Wir danken dem Deutschen Taschenbuch Verlag für die Übersendung des Rezensionsexemplars. Stefan Ewert Links: |
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