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Das Tribunal

Kurz vor dem Ende des zweiten Weltkriegs gerät Lt. Thomas Hart in Kriegsgefangenschaft der Nazis und trifft dort auf Col. McNamara, der unter den Gefangenen die Vermittlerrolle gegen den Lagerleiter Col. Visser übernommen hat. Das Lagerleben verläuft in normalen Bahnen, allerdings nur solange, bis die Nazis zwei schwarze Soldaten inhaftieren.

Das wollen einige Häftlinge nicht hinnehmen und leben ihre rassistische Ader aus. Dies führt dazu, dass Staff Sgt. Bedford dafür sorgt, dass einer der beiden Schwarzen erschossen wird. Lt. Archer – der zweite Schwarze – sinnt auf Rache und am nächsten Tag findet man Bedford erschlagen vor. Lt. Archer beteuert seine Unschuld, doch die Nazis wollen mit ihm kurzen Prozess machen. Da kommt Col. McNamara eine Idee: Warum hält man nicht Gericht über Lt. Archer und beweist in einem fairen Prozess seine Schuld? Aus purer Langeweile willigt Col. Visser ein und Thomas Hart wird als Verteidiger für Lt. Archer auserkoren. Dieser hängt sich in den Fall rein, doch schon bald bemerkt er, dass es McNamara um etwas ganz anderes als um einen fairen Prozess geht.

Colin Farrell spielt Lt. Hart.
Nur noch anspruchsvolle Filme ohne unnötige Action hat uns Bruce Willis für seine zukünftigen Filme versprochen, und noch bevor man sich irgendwann in Zukunft nur schwer an diesen Satz erinnern kann, bricht er schon nach nicht einmal fünf Jahren sein Versprechen und drehte mit "Das Tribunal – Hart's War" einen stumpfsinnigen, oberflächlichen Versuch, das Lagerleben von Kriegsgefangenen im zweiten Weltkrieg betroffen machend und erschütternd darzustellen. Dieser Versuch scheitert gründlich, obwohl man am Anfang deutlich zeigt, was für Bestien die Nazis doch waren und so sieht man gleich zu Beginn den Gefangenentransport ins Lager mit anschließender Exekution dreier Insassen, nur um die Neuankömmlinge dadurch zu schockieren.

Damit ist aber dann Schluss der Grausamkeiten, denn in Folge präsentiert sich das Lager wie ein Feriencamp für urlaubsreife Kriegshelden, welche sich hier auf neue Aufgaben konzentrieren. Die Gefangenen dürfen sich "frei" bewegen, können sich mit angemessener Kleidung gegen die Kälte schützen, fernsehen (!?) und sogar in einen eigen inszenierten Theaterstück mit passender Verkleidung die Nazis verarschen. Selbstredend gibt es warmen Kaffee und Zigaretten in Hülle und Fülle. Es könnte der schönste Urlaub sein, wenn die amerikanischen Häftlinge in diesem Film nicht die noch ärgeren Rassisten als die Nazis wären.

Visser, Hart und McNamara.
Was ich in einem Film über den zweiten Weltkrieg überhaupt noch nie gesehen habe und was von den Filmemachern sicher nicht so beabsichtigt war: Während sich die Amerikaner – allen voran Bruce Willis – als unsympathischer Sauhaufen präsentieren (Ausnahme: der tadellose Hart), wird der deutsche Lagerleiter Visser als ruhiger, gebildeter, richtiggehend sympathischer Mensch dargestellt. Ganz am Anfang zeigt man zwar, daß er ein gewissenloser Haderlump ist, aber danach wird er auf eine perverse Art und Weise immer sympathischer und am Ende respektiert er sogar seine amerikanischen Häftlinge und honoriert ihr Ehrgefühl. Irgendwie witzig, dass gerade den Amerikaner ein so grober faux-pas in einem Film unterlaufen konnte. Die Verantwortlichen selbst aber scheinen von ihrem Projekt überzeugt zu sein, denn liest man das Presseheft durch, glaubt man kaum, dass sie gerade über "Das Tribunal" so schwärmen und seinen Realismus anpreisen.

Aber auch wenn Regisseur Hoblit dieser grobe Schnitzer nicht unterlaufen wäre, die Amerikaner so richtig heldenhaft und die Nazis so richtig fies gewesen wären, der Film wäre auch dann noch hoffnungslos schlecht. Wie langweilig muss einem Lagerleiter sein, um eine Gerichtsverhandlung seiner Gefangenen zu erlauben, welche die Unschuld eines Gefangenen beweisen soll – warum nicht einfach erschießen? Warum schließt man Gefangene in lauter kleine Häuser zusammen, aus welchen man in der Nacht fliehen kann und sich Waffen und ähnliches organisieren kann?

Colin Farrell als der ehrenhafte Hart spielt seinen Part überzeugend, auch wenn er damit wohl bloß das amerikanische, reine Gewissen personifizieren soll. Dann aber muß es auch Leute geben, die durchgreifen, wenn es die Situation erfordert, wofür Bruce Willis herhalten muß, und er erledigt seinen Part schlicht und einfach nur armselig. Hätte man diese Rolle mit Robert de Niro besetzt – er hätte vielleicht eine akzeptable Vorstellung geboten, aber Bruce Willis als schaumgebremste Bulldogge, die nur finster durch die Gegend schaut und scheinbar gleichgültig seine Umwelt wahrnimmt, ist einfach nur peinlich.

Hätte "Harts War – Das Tribunal" mit einem anderen Regisseur, anderen Darstellern und ein bisschen mehr Interesse an Realismus ein guter Film werden können? Das glaube ich eher nicht, denn dazu ist die Grundidee, das ein Strafgefangenenleiter seinen Häftlingen – noch dazu im Zweiten Weltkrieg – so viele Freiheiten gibt und ihnen sogar eine Gerichtsverhandlung erlaubt, viel zu absurd. Einige pathosgeschwängerte Reden, zwei, drei Actionszenen und die "Offenbarung", daß auch Amerikaner so richtig fies sein können, lindern das Desaster ein wenig, aber das reicht wohl kaum aus, um zufrieden den Kinosaal zu verlassen. Und überhaupt wäre es in der Originalfassung schön gewesen, die Nazis mit Schauspielern zu besetzen, welche der deutschen Sprache mächtig sind.

Fazit: "Harts War – Das Tribunal" ist der misslungene Versuch "Ehre" und "Amerika" ins rechte Licht zu rücken und begeht sogar den Kardinalsfehler, die Feinde der USA beinahe sympathischer darzustellen als das schönste, größte und gerechteste Land der Welt.

Claus Schlamadinger

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