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Komödie der Verführung

Matt und müde: Schnitzlers "Komödie der Verführung" am Deutschen Theater kommt nicht in die Gänge.

Manche Inszenierung lässt den Betrachter seltsam unberührt, fast gleichgültig zurück. So auch Stephan Kimmigs Interpretation der "Komödie der Verführung", dem 1924 uraufgeführten Alterswerk von Arthur Schnitzler. Kimmigs Figuren agieren so statisch, dass die Brisanz der Dreiecksgeschichten überhaupt keine Entfaltung finden.

Das Stück spielt in den drei letzten Monaten vor Ausbruch des ersten Weltkriegs. Ausgangspunkt ist eine glanzvolle Abendgesellschaft, die der unglücklich liebende Prinz Arduin (Timo Dierkes, u.a. bekannt aus dem Kinofilm "Das Experiment") in lauer Frühlingsluft veranstaltet. Dort treffen alle Verführer und Verführten zusammen, deren unheilvollen Begegnungen ein schicksalhaftes Ende nehmen sollen.

"Alles kann Verführung sein", schrieb Schnitzler. Tatsächlich gibt es den berufsmäßigen Verführer Max von Reisenberg (ordentlich: Max von Pufendorf) und seine Geliebten, die ihm nacheinander erliegen: Die musikalischen Schwestern Judith (lebendig: Inka Friedrich) und Seraphine (munter: Katharina Schmalenberg) sowie die Gräfin Aurelie (ausdruckslos: Judith Engel), die zugleich vom Prinzen, vom Dichter Ambros Doehl (fahl: Ulrich Matthes) und vom alternden Privatgelehrten Falkenir (überzeugend: Jörg Gudzuhn) begehrt wird.

Bei diesem Beziehungsgeflecht sind tragische Verwicklungen fast zwangsläufig. So kommt es dann auch nach drei recht enervierenden Akten zu einem Finale am dänischen Gestade, das alle Akteure ihrer Träume von Geborgenheit beraubt. Die Sehnsüchte der Liebenden bleiben ungestillt, was zuvor schon ein Dialog zwischen Aurelie und Max andeutete. Auf ihre Frage an ihn, ob sie ihm in ihrer Kurzbeziehung alles gegeben habe, antwortet der jugendliche Held nur resigniert: "Unendlich viel, nur nicht Dich selbst."

Von der Liebe bleibt am Ende nichts Halbes und nichts Ganzes. Ein Scheitern aller Bemühungen um echte Gefühle. Leider überträgt sich die Spannung, die die Schnitzlersche Vorlage bietet, nicht auf die Bühne. Zu leblos, zu blass und vor allem mit über drei Stunden viel zu langatmig müssen die Figuren agieren. Nur das elegante, wenn auch schlichte Bühnenbild dreht sich bisweilen und erzeugt Dynamik. Der Liebe fehlt es an Leben. Besonders enttäuschend agiert Judith Engel. Nicht umsonst ist sie eine der interessantesten Schauspielerinnen der heutigen Zeit, wurde auch schon 2001 zur "Schauspielerin des Jahres gekürt", in ihrer Rolle als Gräfin Aurelie bleibt sie aber blass.

Mit dieser Inszenierung hatte Regisseur Kimmig, der zuletzt ebenfalls am Deutschen Theater mit Goethes "Stella" noch überzeugen konnte, kein gutes Händchen. Zur Pause verließen viele der Zuschauer den Saal. Es war ein ermüdender Theaterabend.

Stefan Ewert

Link:
Deutsches Theater Berlin online

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