Kein Sex mit Bryan AdamsEs kann der Frömmste nicht in Frieden koitieren...Ich bin aus der letzten WG ausgezogen, um endlich ungestört Sex haben zu können. Jetzt lebe ich allein, habe zu allen Seiten Nachbarn und immer noch keinen ungestörten Sex. Aber immerhin klaut niemand mehr meinen Joghurt. Der Weg zu einem erfüllten Sexualleben ist an sich schon schwer genug. Allzu oft wird aber durch die Einmischung Dritter ein wahrer Hindernislauf daraus. Und ich rede hier nicht von der dritten Person im Bett oder X-Personen-Orgien in irgendwelchen Clubs. Nein, ich dachte dabei eher an die allgegenwärtigen, meist unumgänglichen Dritten wie etwa Nachbarn. Nachbarn machen einem nicht nur ganz generell das Leben schwer, sondern können auch sexuelle Ausschweifungen gründlich verderben. Vor allem wenn man in einem sehr hellhörigen Altbau lebt. Entweder ist man von vornherein so gehemmt, dass lustvolle Exzesse mit einem gezischten »Pssst, Schatz, nicht so laut, die Nachbarn...« zu kleinen Nummern runtergekühlt werden. Oder man lernt im Laufe der Zeit, mit den recht unterschiedlichen Reaktionen der Nachbarn zu leben. Die alte Dame, die vor ihrem Umzug ins Altersheim über mir lebte, bekundete ihr Missfallen gern, indem sie ihre Gehhilfe kräftig auf den Fußboden schlug. Das tat sie zwar nie im richtigen Rhythmus, aber wenigstens grüßte sie am nächsten Tag noch im Treppenhaus und verlor kein Wort mehr über die Angelegenheit. Ganz anders als die Bewohner unter mir. Die grüßten zwar auch, aber das stets mit einem süffisanten Grinsen im Gesicht und einem fröhlichen Kommentar auf den Lippen. Sie wussten immer so genau über Dauer und Lautstärke meiner Sexualkontakte bescheid, dass ich sie beim Sex schon mit Messgeräten neben mir wähnte. Gelegentlich hatten eben jene Nachbarn zufällig gleichzeitig Sex, was automatisch für eine Swingerclub-Atmosphäre im eigenen Schlafzimmer sorgte. Das ist weit weniger erheiternd als man meinen könnte, wenn man weiß, dass die Nachbarn eine Vorliebe für Pornoimitationen beim Sex hatten. Nennt mich prüde, aber ich finde es schwierig, mich auf mein eigenes Vergnügen zu konzentrieren, wenn unter mir eine Amateur-Jenna-Jameson sehr laut »Oh ja, mach’s mir, Du Hengst« oder »tiefer, tiefer, Du wilder Stecher« schreit. Meine Nachbarin zur Linken hat keinen Partner, aber dafür irgendeine phänomenale Technik oder ein mir bislang unbekanntes Sextoy, das sie von einem Höhepunkt zum nächsten treibt. Ich bin vermutlich ein wenig paranoid oder aber außergewöhnlich missgünstig, aber ich werde den Verdacht nicht los, dass sie ihre Serienorgasmen vor allem dann probt, wenn ich grad kein nennenswertes Sexualleben habe. Irgendwann, wahrscheinlich erst unmittelbar vor meinem Auszug aus diesem Haus, werde ich sie auf Knien anflehen, mir ihr Geheimnis zu verraten. Mit all dieser Ablenkung und Fremdbeteiligung am Sex kann ich mich aber inzwischen ganz gut arrangieren. Das einzige, was ich so überhaupt nicht vertrage, ist die falsche Musik beim Sex. Mein Verlangen nach triebhaften Aktivitäten sinkt schlagartig, wenn der nackte Mensch neben mir plötzlich Kuschelrock oder womöglich diesen »Dark Wave«-Kram auflegt, zu dem sich sonst schwarz gekleidete Teenager die Pulsadern aufschneiden. Aber in solchen Fällen kann ich wenigstens sanft auf eine Programmänderung hinwirken oder beherzt die CD entfernen. Wenn mein Nachbar aber wieder mal das ganze Haus mit seiner ausgesucht schlechten Musik beschallt, tritt meine Libido sofort ihren Jahresurlaub an. Ich will dann nur noch Ohropax und eine Tafel Lindt-Vollmilch, aber keine fremden Geschlechtsteile in meiner Nähe. Das tut mir irgendwie auch leid für das ambitionierte Hormonbündel neben mir, doch zu Bryan Adams kann ich höchstens töten, aber nicht vögeln. Lyssa Wer noch mehr von Lyssa lesen möchte, kann ihr tägliches Weblog lesen: |
archiv
|