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Das Schweigen der Lämmer

Den richtigen Ton im Bett zu treffen ist eine hohe Kunst, bei der sich ein ganz privater Star Search lohnt. Schweigen wird hier nicht belohnt.

So manchem fehlen schon in einer ganz normalen Konversation gelegentlich die Worte. Und bei einem Flirt wird dann erst recht frei von der Leber weg gestottert, geähmt und die hohe Kunst des unvollendeten Halbsatzes gepflegt. Die weitaus höchste Quote an plötzlicher Sprachlosigkeit dürfte sich aber wohl im Bett ermitteln lassen. Und dabei kann das richtige Wort im geeigneten Moment an kaum einem anderen Ort mehr Wunder wirken als hier.

Aber leider sind die richtigen Worte auch nur selten schwerer zu finden als im Bett, und eine gewisse Eloquenz im Alltag garantiert noch lange keine Verbalartistik in der Horizontalen. Oft muss sogar das Gegenteil befürchtet werden. Und sicher ist eigentlich nur eins: Die Tendenz zur mundartlichen Sprachfärbung verstärkt sich unter dem Einfluss der Sexualhormone eher noch.

Nach dem ganzen Dirty Talk sollte man sich auch einmal gründlich den Mund waschen...
Foto: sxc.hu
Wer also von einem potentiellen Bettgenossen freudig mit »schön, datte da biiss« begrüßt wird, sollte sich besser gleich auf ein enthusiastisches »boah nee, wat geil, oh ja, machet mir« einstellen. Und wer ganz verliebt mit einem Nordlicht schnackt, der freut sich bestimmt auch, wenn der steife Schwanz hält, was der erste Landgang versprach.

Man darf nur auf keinen Fall den Fehler machen und die Macht der Worte im Bett unterschätzen, egal ob man auf zarte Liebesschwüre oder auf deftige Sauereien steht. Absolut wortloser Austausch von Körperflüssigkeiten wirkt oft so, als würden zwei Orange-Gurt-Träger die richtige Atemtechnik für einen asiatischen Kampfsport üben und sich dabei eher zufällig körperlich recht nahe kommen. Uff, uff.

Man muss sich nur mal einen durchschnittlichen deutschen Spielfilm ansehen, um das Problem deutlich vor Augen zu haben. Denn während in amerikanischen Produktionen flüsternd geturtelt oder zumindest melodisch auf den Höhepunk zugestöhnt wird, packt der deutsche Protagonist seine Partnerin, wirft sie aufs Bett oder den Küchentisch, und dann folgt ein wenig Schweiß und zwei Minuten langes, gepresstes Uff-uff zu ruckartigen Krampfbewegungen. Das Erotischste in dieser Szene dürfte das Geräusch seines Reißverschlusses nach Vollzug des anstrengenden Aktes sein.

Trotzdem schweigen die meisten aus Angst, nicht den richtigen Ton zu treffen und sich zu blamieren. Es ist ja auch kein wirklich befriedigendes Erlebnis, wenn der »heiße Schwengel« angesichts dieser Bezeichnung eine spontane erektile Dysfunktion erleidet oder die »miese kleine Schlampe« beherzt zur Ohrfeige ausholt und anschließend auf Nimmerwiedersehen das Bett verlässt.

Und vermutlich möchte kaum jemand in nüchternem Zustand und bei klarem Verstand wie ein schlecht synchronisierter tschechischer Porno klingen. Abgesehen von meinen Nachbarn vielleicht, denen es in lauen Sommernächten so gar keine Probleme bereitet, durch das weit geöffnete Fenster das gesamte Viertel an ihrem ganz privaten Porno teilhaben zu lassen, in dem es von wilden Hengsten, geilen Bereitern und feuchten Stuten nur so wimmelt.

Aber absolut schweigend, womöglich noch mit dem Fernseher im Hintergrund als einziger Geräuschkulisse? Nein, das wirkte selbst im berühmten Paris-Hilton-Video absolut unerotisch, geradezu steril. Zumindest ein wenig lustvolles Stöhnen dürfte mit ein wenig Übung auch noch der eisernste Schweiger über seine versiegelten Lippen dringen lassen können. Ich fühle mich ansonsten beim Sex immer ein wenig an das Gezerre mit der Übungspuppe im Erste-Hilfe-Kurs erinnert.

Den ultimativen Tipp kann ich natürlich auch nicht servieren, denn der Dirty Talk ist wie alles Andere beim Sex auch in erster Linie Verhandlungssache und unterliegt im Ernstfall einer Erprobung durch Trial and Error. Lachkrämpfe eingeschlossen. Aber eines weiß ich ganz genau: Einen guten Verbalerotiker darf man auf keinen Fall so leicht wieder gehen lassen, und man sollte alles Mögliche unternehmen, um seine Stimmbänder zu pflegen.

Lyssa

Wer nicht bis zum nächsten Dienstag warten kann, kann täglich Lyssas Tagebuch lesen:
http://www.lyssas-lounge.de/peepshow

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