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Sehr stille NachtWer glaubt, nur Singles hätten in der Weihnachtszeit zu leiden, der irrt gewaltig. Wer einen Partner zu beschenken hat, der wandelt oft erst recht auf gewaltig dünnem Eis, von der schwierigen Verwandtschaft ganz zu schweigen. Dabei müsste man nur ein paar simple Regeln beachten. Die selige Vorweihnachtszeit strapaziert bei vielen Menschen Budget und Nerven gleichermaßen. Aber kaum jemand leidet dieser Tage so sehr wie ein unfreiwilliger Dauersingle. Cafés und Kneipen sind überfüllt mit Suchenden, die auf kuschelige Weihnachtstage mit dem Last-Minute-Traumpartner hoffen und die Partnervermittlungen im Internet verzeichnen nie so hohe Zugriffszahlen wie im Dezember.
Was dabei allzu leicht übersehen wird, sind die Gefahren und Enttäuschungen, die mit den Feiertagen verbunden sind. Und damit ist keinesfalls nur der fehlende Kamin gemeint. Nein, man wird leicht zwischen den Ansprüchen beider Familien zerrieben und verbringt einen nicht unbeträchtlichen Teil der Weihnachtszeit auf der Autobahn zwischen Wuppertal und Hildesheim. Beide Familien unter einem Dach zu vereinen ist auch keine Lösung, denn oft kann man sich gegenseitig nicht ausstehen und unternimmt keinerlei Anstrengung, um das zu verbergen. Wenn man es dann trotz aller Widrigkeiten pünktlich zur Bescherung geschafft hat, warten die üblichen Probleme. Seiner Mutter passt so gar nicht, dass sie nicht kochen kann und immer diese knappen Röcke trägt. Ihrem Vater ist immer noch sein abgebrochenes Studium ein Dorn im Auge und aufgestiegen ist er auch in diesem Jahr schon wieder nicht. Und dann packen sie auch noch die falschen Geschenke auf den Gabentisch. Still ist die Nacht, weil alle betreten schweigen. Doch selbst wenn man sich all dem entzieht und nur mit dem Partner feiert, bleibt die Geschenkfrage eine sehr heikle, die schon so manche Bescherung zur weniger schönen werden ließ. Dabei ist das Problem fast immer dasselbe: Kaum jemand schenkt, was der Partner wirklich haben möchte, sondern häufig das, von dem er glaubt, dass er es haben wollen sollte. Sie schenkt ihm dieses unglaublich edle Gucci-Teil, weil sie ihn darin gerne ihren Freundinnen vorführen würde. Oder einen Wellness-Körperpflege-Tag speziell für Männer, weil auch seiner Haut so etwas nicht schaden kann – und weil sie sich schon immer so etwas für sich selbst gewünscht hat. Dabei möchte er eigentlich viel lieber eine Karte für die WM 2006 oder diesen atemberaubend multifunktionalen Bohrer. Unglaublich banal und klischeebehaftet? Klar, aber auch unglaublich menschlich. Er schenkt ihr bevorzugt sexy Unterwäsche, womit er prinzipiell gar nicht mal so falsch liegt. Wenn er sich denn endlich mal ihre Größe merken könnte. Sowohl zwei Nummern zu klein als auch zwei zu groß können sie tödlich beleidigen. Das müssen Männer nicht verstehen, sollten sie sich aber trotzdem merken. Nicht zuletzt deswegen, weil er sonst für längere Zeit die Unterwäsche nur an Schaufensterpuppen zu Gesicht bekommen dürfte. Unbedingt im Langzeitgedächtnis sollte auch gespeichert werden, dass Dessous von Tchibo oder H&M nur in Katalogen gut aussehen, an Frauen, die für das Tragen dieser Dinger teuer bezahlt werden und am Computer nachbearbeitet von Männern, die dafür ebenfalls gut bezahlt werden. Billige Unterwäsche sieht an den meisten Durchschnittsfrauen schauderhaft aus, da nützt auch Kerzenschein herzlich wenig. Außerdem assoziieren Frauen Dessousgeschenke mit Luxus und H&M ist nun mal kein Luxus. H&M ist Alltag, der schwarze String im Dreierpack und der Sport-BH für die Krankengymnastik. Nichts, was in Knisterpapier verpackt unter den Weihnachtsbaum gehört. Und schon gar nichts, worin man selbst verpackt unterm Baum liegen möchte. Wer also aus Kostengründen mit der persönlichen Finanzreform ausgerechnet bei der Partnerin beginnen möchte, der möge sich bitte, bitte von Dessous fernhalten (und nein, das neue TCM-Pfannenset ist keine angemessene Alternative). In der Hoffnung, dass Ihr das aber sowieso alle schon wusstet und natürlich auch beherzigt habt, wünsche ich Euch harmonische Feiertage, eine staufreie Fahrt von Wuppertal nach Hildesheim und würde mich freuen, auch im nächsten Jahr wieder gelesen zu werden. Lyssa Wer nicht bis zum nächsten Dienstag warten kann, kann täglich Lyssas Tagebuch lesen: |
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