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Devil vs. Dolce & GabbanaNach ungefähr einem Jahr als Hundebesitzerin kann ich guten Gewissens sagen, dass sich dieser Mikrokosmos der Hundehalter ganz hervorragend für Sozialstudien eignet und noch besser zur Bestätigung vielfältiger Vorurteile.
Begleiten Sie mich doch bitte bei einem kleinen Spaziergang an die Alster oder in ein ähnliches Reservat in jeder größeren deutschen Stadt. Wen man dort antrifft, ist vor allem von der gewählten Uhrzeit abhängig. Während man mittags bevorzugt nadelgestreifte Anwälte trifft, die ihren aristokratischen Vierbeiner nur mal eben Gassi schicken, möglichst ohne sich dabei die handgefertigten Schuhe zu beschmutzen, beherrschen vormittags wie nachmittags Frauen die Szenerie. Vor allem jene, die sich schon längst keine Gedanken mehr um ihren Lebensunterhalt oder die Rentenversicherung machen müssen, weil das andere übernommen haben. Solche Frauen bevorzugen possierliche, kleine Hunde, in der sportlichen Variante kleine Terrier, weil ihnen mal jemand erzählt hat, dass sich so ein Jack-Russel ganz hervorragend als Begleiter für ausgedehnte Reittouren eignet. Wer also Wert auf einen gepflegten Country Lifestyle legt, der schubst am Nachmittag seinen Hund in den Jeep und fährt raus an den Stadtrand zum Pferd. Solche Frauen reden allerdings nicht viel über ihre Hunde, sondern lieber darüber, wieviel Arbeit sie schon in das Ferienhaus auf Sylt gesteckt haben, dass inzwischen ja jeder eine Finca auf Mallorca hat und auf welches Internat der Älteste nach dem letzten Absacken der Schulnoten geschickt werden soll. Schwierig werden diese Frauen erst, wenn der dazugehörige Mann sich auf die eine oder andere Art verabschiedet hat und sie die Lücke mit der Anschaffung von fünf röchelnden Möpsen füllen müssen, die allesamt im Bett schlafen dürfen.
Eben diese Männer mit richtig großen Hunden bilden sowieso noch mal eine ganz besondere Untergruppe. Für sie ist die Hundewiese ein kleines Biotop der Freiheit, in dem sie den Lack der weiblichen Sozialisation mal für ein oder zwei Stunden abstreifen und zusammen mit dem großen Tier ungestraft den rauhen Machokerl von der Leine lassen können. Ihren Hund, der meist liebevoll »Digga« gerufen wird, können sie nach Lust und Laune rumkommandieren und sich dennoch gewiss sein, dass er sie uneingeschränkt liebt und auf ein Mund- oder Handzeichen hin sofort zu ihnen zurückkehren wird. Das tut ihrem Ego gut und erlaubt ihnen, fernab der Aufsicht ihrer Partnerin, Armeehosen tragend in kleinen Grüppchen zusammen zu stehen, sich möglichst derbe Witze zu erzählen und über die ihrer Mitmänner eine Oktave tiefer als normal zu lachen. Hundebesitzerinnen, die zeitgleich auf der Hundewiese stehen, unterhalten sich lieber mit den anwesenden Schwulen, die sich wie sie über den Schlamm an den wenig kleidsamen Gummistiefeln ärgern, die ihre Hunde nicht »Muhammad Ali« sondern »Dolce« und »Gabbana« nennen und den Frauen außerdem Kaffee von der benachbarten Eisdiele mitbringen. Ganz wie im sonstigen Leben eben auch. Lyssa Wer nicht bis zum nächsten Dienstag warten kann, kann täglich Lyssas Tagebuch lesen: |
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