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Erst reden oder erst Sex?

Beziehungen verlaufen häufig nach demselben Muster, ganz egal ob sie traditionell zwischen Mann und Frau oder gleichgeschlechtlich gelebt werden. Einen ganz erheblichen Unterschied gibt es aber doch: der Zeitpunkt, an dem man zum ersten Mal im Bett landet.

Homo- und heterosexuelle Beziehungen unterscheiden sich gar nicht so sehr, wie konservativere Mitbürger oft befürchten und noch häufiger zur Verhinderung der Anerkennung eheähnlicher Gemeinschaften ins Feld führen. Natürlich setzen homosexuelle Paare nicht versehentlich Kinder in die Welt und wenn sie doch welchen ihren Nachnamen schenken möchten, so ist das mit erheblichen rechtlichen Schwierigkeiten verbunden.

Irgendwann landen Schwule wie Heteros vor dem Standesbeamten.
Foto: sxc.hu
Aber abgesehen von biologisch bedingten Faktoren finden sich kaum Unterschiede in Ablauf und Gestaltung der Beziehung. Man lernt sich kennen, flirtet, verliebt sich, verbringt immer mehr Zeit miteinander und gilt irgendwann hochoffiziell als Paar. Allmählich wird man immer seltener in freier Wildbahn gesehen und lädt Samstag abends plötzlich lieber gemeinsame Freunde zum Kochen – bevorzugt ebenfalls Paare – ein.

Dann folgt die erste gemeinsame Wohnung, die Streitereien im Möbelhaus (Ikea für Heteros, Habitat für Schwule) um Farbe und Form des Sofas und das allmähliche Verschmelzen der jeweiligen CD- Sammlungen und Freundeskreise. Wenn man das alles halbwegs unbeschadet überstanden hat und sich trotz allem immer noch liebt, tritt man in aller Regel irgendwann vor den Standesbeamten und etwas später steht man einem Immobilienmakler gegenüber.

Der allergrößte Unterschied liegt also nicht in der Beziehung selbst, sondern fast immer in der Beziehungsanbahnung – zumindest gilt das für Schwule. Die wenigsten Paare in meinem Umfeld können in einem Anfall romantischer Verklärung selig lächelnd zurückblicken und von dem Moment erzählen, als sie sich im Stadtpark zum ersten Mal begegneten.

Natürlich könnten sie das. Allerdings hätte das wenig gemein mit der klassischen Geschichte des Mannes, der einer Frau versonnen beim Spaziergang nachblickt und ihr schließlich das verlorene Halstuch hinterher trägt. Auch nicht damit, wie beide auf der Parkbank sitzen und verlegen nach den richtigen Worten für das erste Gespräch suchen.

Wenn eine schwule Beziehung in einem Park ihren Anfang nimmt, dann ist es meist dunkel...
Foto: sxc.hu
Nein, wenn eine schwule Beziehung entgegen aller Erwartungen in einem Park ihren Anfang nimmt, dann ist es meist dunkel und man befindet sich in einem Teil des Parks, der mit ausreichend Büschen ausgestattet ist. Darin sucht man nicht nach den richtigen Worten, sondern nach einem Kondom und einem willigen Mann, der möglichst wenig Worte machen sollte. Nichts also, was sich für romantisierende Rückblicke anlässlich verschiedener Jahrestage eignen würde.

Dasselbe gilt für die meisten gängigen Orte der Beziehungsanbahnung. Er erblickt sie im Fitnessstudio und hilft ihr bei der Einstellung des Trainingsgeräts. Man kommt ins Gespräch, tauscht Nummern aus, verabredet sich wieder. Er sieht ihn im Studio und hat noch in derselben Stunde den Trainingserfolg hautnah unter der Dusche überprüft. Der Sex muss schon ziemlich gut gewesen sein, wenn danach noch Worte gewechselt und Nummern ausgetauscht werden.

Er sieht sie Samstag abends in einem Club, spricht sie an, bestellt ihr einen Drink und bekommt mit etwas Glück ihre Telefonnummer, bevor er ihr zu später Stunde in den Mantel hilft. Er beobachtet ihn im Club, man trinkt gemeinsam etwas an der Bar und mit viel Glück tauscht man Telefonnummern, nachdem man neben der Garderobe seine Klamotten wieder zurechtgerückt hat und bevor man getrennt zur Abholung der Mäntel schreitet.

Vermutlich ist das der Grund, warum auf Heterohochzeiten mindestens acht Festredner ihre Version des Beziehungsbeginns in salbungsvolle Worte packen müssen und meist für sich in Anspruch nehmen, das Paar miteinander bekannt gemacht zu haben. Ein Verhalten, das auf den meisten mir bekannten schwulen Hochzeitsfeierlichkeiten unterblieben ist. Was sollten die, überwiegend ebenfalls schwulen Redner auch sagen? "Ich hatte ihn schon ein halbes Jahr vorher in der Sauna, aber als Peter ihn dann im Park traf..."

Lyssa

Wer nicht bis zum nächsten Dienstag warten kann, kann täglich Lyssas Tagebuch lesen:
http://www.lyssas-lounge.de/peepshow

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