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Allein unter Männern

Man sollte meinen, das an dieser Stelle in der letzten Woche beschriebene Leid liierter Männer mit der besten Freundin als oberster Instanz in allen Lebenslagen sei kaum zu überbieten. Aber es kann alles noch viel schlimmer kommen, wie Männer zu berichten wissen, deren eigene Freundin keine beste Freundin, sondern einen besten schwulen Freund hat.

Eine Schwuchtel als Untermieter auf dem heimischen Sofa zu wissen, verunsichert die meisten Männer noch viel mehr als es selbst die kritischste Ausgabe des Phänomens »beste Freundin« je vermag. Das hat natürlich viel damit zu tun, dass Heteros ihr Schwulenbild oft aus dem Fernsehen und von CSD-Paraden beziehen und daher den besten schwulen Freund gern für eine extrem nervige, weil laut kichernde, ununterbrochen proseccoschlürfende Comicvariante der besten Freundin halten.

Na gut, genau betrachtet handelt es sich bei vielen um hinreißend kreischende, hyperaktive Proseccovernichter, aber das ist eben nur eine Seite, wenngleich eine mit Genuss zelebrierte. Aber selbst die schrillste Schwuchtel ist irgendwo immer noch ein Mann. Da können alle Beteiligten so viel luftküssen und »Haaach, Süüüße« kreischen wie sie wollen. Und damit wären wir auch schon beim zweiten Problem, denn kein Mann sieht gerne andere Männer in seinem Revier – seien sie auch noch so schwul.

Schließlich kann man nie genau wissen, ob sie es sich nicht doch noch mal anders überlegen, wenn sie so neben der Freundin auf dem Sofa hocken und kuschelnd die neue Staffel von »Will & Grace« auf DVD gucken. Meine schwulen Freunde bekommen zwar einen Nervenzusammenbruch bei der Vorstellung, Sex mit einer Frau haben zu müssen, aber das hat noch keinen eifersüchtigen Mann von seinen Wahnvorstellungen abgehalten.

Noch schlimmer ist allerdings der Umstand, dass viele Männer zumindest irgendwo in den dunklen, politisch nicht korrekten Winkeln ihres Unterbewusstseins an Homophobie leiden. Sie können gut damit leben, wenn Freundinnen sich über die körperlichen Vorzüge der jeweiligen Männer austauschen. Nicht zuletzt weil viele Männer ein gut ausgeprägtes Selbstbewusstsein haben, dass sie automatisch davon ausgehen lässt, die Beurteilung könne nur schmeichelhaft ausfallen.

Aber sie möchten auf keinen Fall erleben, dass ihnen ein anderer Kerl auf den Hintern starrt, kichernd mit der Freundin den Sitz der Jeans bewertet und vom Heterohinterteil seufzend als Knackarsch spricht. Männerblicke haben an seinem Alabasterkörper nichts zu suchen, das ist verbotenes Territorium. Womöglich will der Kerl doch nichts von der Freundin, sondern vom Mann selbst. Himmel hilf!

Diese Angst vorm eigenen Geschlecht kann bisweilen absurde Auswüchse haben, wie ich in der letzten Woche erleben durfte. Und sie funktioniert in solchen Fällen auch ganz ohne Beteiligung von Schwulen, wie bei den Freunden, die mich besuchten. Da beide von außerhalb kamen, wollten beide auch bei mir übernachten.

Als gute Gastgeberin überließ ich ihnen mein Schlafzimmer, was beide lieber mit mir als miteinander geteilt hätten. Also bot ich ihnen eine Nacht zu dritt unter der Bedingung an, dass auch die Männer Sex miteinander hätten, wohl wissend, dass sie lieber ein Keuschheitsgelübde ablegen würden als sich auf ein derartiges Abenteuer einzulassen.

Entsprechend pikiert reagierten beide auf mein Angebot und zogen sich empört ins Schlafzimmer zurück, wo sie eine sehr unbequeme Nacht verbrachten. Sie hatten sich im Vorfeld nämlich eine weitere Decke von mir geben lassen, die wie ein Wall in der Mitte meines Bettes lag und eine Art entmilitarisierte Zone signalisierte. Dann zogen sich beide jeweils möglichst weit an ihren Rand des Bettes zurück und beargwöhnten den Mitschläfer den Rest der Nacht aus Angst vor gleichgeschlechtlichen Übergriffen.

Das Gekreische, das der eine von sich gab, als der andere im Schlaf gegen ihn rollte, hätte auch eine ganze Horde meiner schwulen Freunde nicht fabrizieren können. Nicht mal beim Anblick einer nackten Frau.

Lyssa

Wer nicht bis zum nächsten Dienstag warten kann, kann täglich Lyssas Tagebuch lesen:
http://www.lyssas-lounge.de/peepshow

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