Mit Lilith nach Lesbos

20.02.2005

Warum es auf Frauenpartys Sojamilch zum Kaffee gibt

Männer sind leicht zu begeistern, wenn es um Sex geht. Noch leichter, wenn es um Sex unter Frauen geht. Naturgemäß sind ihre Vorstellungen da jedoch von einschlägigen Heften und Filmchen geprägt, die meist kilometerweit neben der Realität liegen.

Den Kaffee bitte nur mit Sojamilch.
Foto: sxc.hu
Zumindest liegen sie weit neben meiner Realität, denn in meinem Schlafzimmer fummeln sich nie Frauen mit offenem Mund und heraushängender Zunge stundenlang an ihren betonharten 75-D-Brüsten herum, um dann freudig erregt eine nicht ganz naturgetreue, sondern minimal vergrößerte Nachbildung männlicher Geschlechtsorgane ins Spiel zu bringen. Oder gleich den scharfen Nachbarn einzuladen.

Ich kenne nicht mal solche Frauen, und würde ich eine kennenlernen, würde ich sie bestimmt nicht in mein Schlafzimmer bitten, sondern wegen des permanent geöffneten Mundes zum Arzt schicken, denn so was lässt bekanntlich auf Atemwegsprobleme schließen. Mir fiele auch spontan kein Nachbar ein, den ich ganz egal zu welcher Art von horizontaler Aktivität bitten würde, aber ich bin vermutlich einfach nur ein elender Spielverderber.

Noch mehr angeheizt, sofern das möglich ist, wird die männliche Phantasie allenfalls noch von Frauen-Sexpartys. Natürlich wird auch hier tapfer ignoriert, dass es sich bei solchen Veranstaltungen um Partys handelt, bei denen Männer explizit nicht erwünscht sind und notfalls am Eingang von kräftigen Frauen mit kurzen Haaren und noch kürzerem Geduldsfaden abgewiesen werden. Was sie nicht daran hindert, sich genüsslich ihre Rolle als Hahn in einem Korb voller wollüstiger Frauen auszumalen.

Nicht zuletzt deshalb glauben auch heute noch viele Frauen, Sexpartys unter ihresgleichen seien eine reine Mär, wahlweise von fundamentalistischen Christen als Beweis weiblicher Verderbtheit oder von Hugh Hefners fantasievollen Untertanen zur Stimulierung des männlichen Sexualtriebs in die Welt gesetzt. Aber es gibt sie tatsächlich, auch wenn man sie nicht unbedingt im Veranstaltungskalender des Stadtmagazins finden wird.

Aber weil Sex für Frauen, erst recht Sex mit anderen Frauen auch im Jahre X nach Alice Schwarzer immer noch eine hochpolitische Komponente hat, kann man anders als bei reinen Männerpartys nicht einfach alle Teilnehmerinnen in ein großes Zimmer sperren und das Licht ausmachen. Man muss den Austausch von Körperflüssigkeiten sanft in einen politisch korrekten Kontext einbetten. Eine Art ideologisches Vorspiel muss her.

Zu diesem Zweck gibt es dann kurze Gesangsdarbietungen, bevorzugt mit ironisch-politischen Texten, oder aber eine künstlerisch wertvolle Performance, in deren Verlauf zwei Frauen vollständig bekleidet einen gewalttätigen Geschlechtsakt simulieren. Begleitend dazu hängen dann Bilder mit überlebensgroßen, leicht verfremdeten Vaginen an der Wand, die Titel wie »Lilith« oder »Lamia« tragen.

Vermutlich wäre alles einfacher, würden auch Frauen in ihrer Pubertät lernen, dass es völlig ok ist, sich Heftchen mit Bildern von nackten Frauen und ihren retuschierten Schamlippen zu kaufen, um sie dann der tollen Interviews wegen zu lesen. Vielleicht bin ich aber auch einfach nur noch zu patriarchalisch indoktriniert, um ein ideologisches Vorspiel angemessen zu würdigen.

Auf reinen Frauenpartys kommt selbst das Buffet in einem politisch korrekten Gewand daher. Es gibt keine gedankenlose Schnellverköstigung mit Buletten und Fertigkuchen von Aldi, sondern statt dessen sehr gesund wirkende vegetarische und natürlich auch strikt vegane Gerichte. Die Eier stammen aus Freilandhaltung, im Vollkornkuchen ist Honig statt Kristallzucker und den Cappuccino gibt es auf Wunsch auch mit Sojamilch. Alles ist natürlich genau gekennzeichnet, damit eine Veganerin sich nicht zufällig an Tierprodukten vergreift, sonst könnte sie ja gleich Sex mit einer Lederhosenträgerin haben.

Das wird sie womöglich auch, aber erst später, wenn die ideologischen Barrieren zusammen mit der Kleidung gefallen sind. Aber da müssen Männer bekanntlich draußen warten. Deshalb spare ich mir auch pikante Details vom eigentlich spannenden Teil der Party, denn ich fürchte, der männliche Teil der Leserschaft möchte lieber nicht wissen, wie gut wir uns ganz ohne sie amüsieren.

Lyssa

Wer noch mehr von Lyssa lesen möchte, kann ihr tägliches Weblog lesen:
http://www.lyssas-lounge.de/peepshow

archiv